Mit einem Festakt wurde am Athener Burgberg das neue Akropolis-Museum eingeweiht - ein spektakulärer Bau, der wieder an die noch in London verwahrten Fragmente erinnert.

Hamburg/Athen. Jetzt ist Dimitrios Pandermalis am Ziel. Jahrelang hat der Direktor des Akropolis-Museums auf jenen Moment hingearbeitet, der sich am Sonnabend endlich erfüllte: In Anwesenheit von zahlreichen europäischen Regierungschefs und Kulturministern eröffnete der griechische Präsident Karolos Papoulias am Abend in einer großen Feier mit spektakulärer Lasershow das neue Akropolis-Museum.

Mit Genugtuung und wohl auch Erleichterung verfolgte der renommierte Athener Archäologe Pandermalis die Zeremonie, denn hinter ihm liegen Jahre, in denen geplant, verworfen, neu entschieden, verzögert, gestritten und schließlich doch noch gebaut wurde. Und viele Monate, in denen er das von dem Schweizer Star-Architekten Bernard Tschumi entworfene Gebäude mit Leben erfüllen musste. Und das heißt in diesem Fall: mit Kunst, mit einzigartigen Plastiken, mit Friesen, mit Bildwerken, die zum Schönsten und Kostbarsten gehören, was von Menschenhand jemals geschaffen wurde.

Mehr als 300 Götterstatuen, dazu etwa 4000 Kleinplastiken aus archaischer, klassischer und spätantiker Zeit sind auf drei Stockwerken und insgesamt 14 000 Quadratmetern lichtdurchfluteter Ausstellungsfläche zu sehen. Die Athener, die seit gestern das überwiegend aus Glas und Stahl konstruierte Museum in Besitz nehmen, können ihren Göttern direkt gegenübertreten und sie sozusagen auf Augenhöhe erleben.

"Die Lichtverhältnisse übertreffen alle unsere Erwartungen. Wir haben hier nur Tageslicht, also jenes Licht, für das die Plastiken vor Jahrtausenden geschaffen wurden. Ich bin immer wieder fasziniert, wie unterschiedlich die antiken Kunstwerke bei wechselnder Farbe und Intensität des Lichts wirken", sagte Pandermalis dem Abendblatt vor einigen Monaten, als der Museumschef noch damit beschäftigt war, die endgültigen Positionen für die einzelnen Plastiken zu finden.

Bernard Tschumi, der den vierten und letzten Architektenwettbewerb gewonnen hat und das seit dem Jahr 1974 geplante Museum schließlich realisieren konnte, stand vor einer extrem schwierigen Aufgabe: Das Museum sollte eine signifikante Gestalt haben, ohne architektonisch aufzutrumpfen. Es sollte optimale Bedingungen für die Aufstellung der antiken Bildwerke schaffen, eine hohe Besucherfrequenz ermöglichen, zugleich aber Rücksicht nehmen auf ein archäologisches Grabungsfeld, das sich über das Areal des Museumsfundaments erstreckt.

Auch wenn einige Architektenkollegen den Entwurf bekritteln und einer ihm gar die "Ästhetik eines Einkaufszentrums" bescheinigte, stößt das fertige Bauwerk inzwischen auf große Zustimmung. Auch die Kritik am Abriss zweier denkmalgeschützter Häuser, von denen eines der Art-déco-Architekt und Picasso-Freund Vassilis Kouremenos (1875-1927) erbaut hatte, die dem freien Blick zur Akropolis geopfert wurden, ist inzwischen weitgehend verstummt. Als besonders gelungen gilt die Einbeziehung der antiken Ausgrabungsstätte, die Tschumi durch einen gläsernen Boden im Erdgeschoss sichtbar machte. Über dem Untergeschoss befinden sich zwei von runden Stützen getragene gläserne Etagen. Der Glaskubus des obersten Stockwerks ist schräg versetzt und hat exakt die Ausmaße der Cella des Parthenons, der durch die raumhohen Scheiben sichtbar wird.

Hier sind auch jene etwa 40 in Athen verbliebenen Platten des Parthenon-Frieses zu sehen, dessen größerer Teil sich seit 1816 im Britischen Museum befindet: 1801 hatte Thomas Bruce, 7. Earl of Elgin (1766-1841) große Teile des Skulpturenschmucks der Akropolis demontiert und nach London gebracht. Seit Jahrzehnten fordert Griechenland von Großbritannien erfolglos die Rückgabe der "Elgin Marbles". Bei der Einweihung des Museums wiederholte der griechische Präsident Karolos Papoulias diese Forderung mit großem Nachdruck. Nach mehr als 200 Jahren sei es jetzt an der Zeit, "die Wunde des Monuments zu heilen und die Marmorarbeiten zurückzugeben, die zu ihm gehören."

Die fantastischen Figuren des Frieses tanzten am Sonnabend geisterhaft und schwerelos über die Fassaden des Museums und der umliegenden Gebäude. Manche der antiken Jünglinge und Mädchen, die per Laserprojektion zu neuem Leben erweckt wurden, zwinkerten den Besuchern zu - vielleicht in der fröhlichen Hoffnung, bald doch noch mit ihren seit zwei Jahrhunderten in London festgehaltenen Gefährten vereinigt zu sein.