Sie waren eindeutig die coolsten Typen der Schule: Alex B., große Klappe, wilde Klamotten, aufgemotztes Moped. Leider sah er noch gut aus. Und Matthias W., Verwalter des elterlichen Vermögens, weißes Golf-Cabrio, pastellige Pullover über die Schulter geworfen, Urlaub, wo nur Flugzeuge hinkommen.

Alle Jungs wollten wie die beiden sein, die Mädchen mit ihnen gehen. Backfische wie ich mit grauenvoller Brille und Streber-Nimbus waren das beliebte Ziel ihres Spotts und diverser Wasserbomben. Um höher auf ihren Sockel zu steigen, traten sie auf Menschen wie auf Stufen. Neulich sah ich Alex wieder: Er schob Einkaufswagen zusammen, sein Haar war am Hinterkopf ausgefallen, er fuhr noch dasselbe Moped. Von Matthias hörte ich, sein Vater habe ihn enterbt, nachdem er ihn beim Steuerhinterziehen erwischt hatte. Ich war insgesamt sehr zufrieden.

Das Leben sorgt für ausgleichende Gerechtigkeit, aber das bemerkt man erst, wenn man länger lebt. Falls Sie ein junger Leser sind, der am Ferienanfang erleichtert ausatmet, weil er die sich selbst feiernden Typen des Pausenhofs und ihre Rampensau-Attitüden nicht mehr sehen muss: Haben Sie Nachsicht. Die Jungs erleben gerade die beste Zeit ihres Daseins. Das wirkliche Leben ist kein Pausenhof - es zahlt zurück, was wir einzahlen. Wir bekommen das Gesicht, was wir uns mit Gedanken und Handlungen erwerben, und das sieht bei Manchem wirklich nicht schön aus, wenn sich Verächtlichkeit und Neid in Mundwinkeln und Augen niederlassen. Und etwas anderes sorgt dafür, dass Menschentreter irgendwann ihre Quittung bekommen; nein, nicht "etwas": Die Treter selbst stricken sich ihren persönlichen Albtraum, weil sie Glück im Unglück der anderen finden. Wer Kummer genießt, der zieht ihn an. Das ist nicht religiös gemeint, es ist Logik.

Gut, das mag Ihnen, wenn Sie 15, 16 sind, nicht helfen, Sie müssen sich in Echtzeit mit Ton-Angebern abplagen. Aber ist der ein Held, der sich selbst auf einen Sockel stellt? Bestimmt nicht. Sehen Sie woanders hin. Zum Beispiel in die Richtung, in der Sie Ihr Glück und die Helden ohne Podest vermuten.

Sommerakademie 2009 "Glück": zweiwöchiger Workshops (vom 27. 7.- 8.8.) für Kinder, Jugendliche & Erwachsene in der Honigfabrik Wilhelmsburg (Industriestr. 125-131). Schreibwerkstatt für Teens (Bewerbung nötig!), Malerei, Blues-Kurse, Bootsbau, Zirkuskunst, Filmen... Selbstbeteiligung: 20.- f. Kinder, 80,- f. Erwachsene. Infos: T. 421 03 90 und www.sommerakademie-wilhelmsburg.de

Nina George schreibt jede Woche in LIVE und liebt Hamburg.