100 000 Unterschriften gesammelt - Kritik: mangelnde Transparenz und zu hohe Gebühren

Hamburg. Die Geschichte mit den urheberrechtlich geschützten Liedern des lettischen Komponisten Jazeps Vitols war der Tropfen, der bei Nina Zober das Fass zum Überlaufen brachte. Im Mai 2005 trat in ihrem Theater im Hinterhof in Buxtehude ein lettischer Chor auf, der auch Stücke von Vitols zum Vortrag brachte. Wenig später flatterte ihr eine Rechnung der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) ins Haus. Die Gema vertritt in Deutschland die Urheberrechtsansprüche von Komponisten. Drei Jahre später fragte Frau Zober in Lettland nach, ob die von ihr bezahlte Gebühr bei Vitols angekommen sei. Das war sie nicht. Sie erstattete Strafanzeige.

Der Fall aus Buxtehude mag extrem sein. Doch gerade bei Kleinveranstaltern mehren sich die Klagen über die bürokratische und intransparente Abrechnungspraxis der Gema. Nun hat die Konzertveranstalterin Monika Bestle aus Sonthofen im Allgäu eine Petition im Bundestag eingereicht, in der das Parlament gebeten wird, "das Handeln der Gema auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, Vereinsgesetz und Urheberrecht" hin zu überprüfen. Zudem wird eine "umfangreiche Reformierung" der Gesellschaft angemahnt. Um dieses Ziel zu erreichen, wären 50 000 Unterschriften nötig gewesen: Mehr als 100 000 sind es aber schon jetzt. Dabei kann die Petition noch bis Freitag unterzeichnet werden. Damit steht fest, dass sich nach der Sommerpause der Bundestag mit der Gema beschäftigen muss.

Auch Dieter Roloff, Inhaber der Hamburger Jazzkneipe Cotton Club, hat unterschrieben. Ihn ärgert, dass die Gema von Veranstaltern verlangt, Konzerte auch dann zu melden, wenn keine urheberrechtlich geschützten Stücke gespielt werden. Wenn gebührenpflichtige Songs im Repertoire der Künstler sind, müsse der volle Satz bezahlt werden. "Die Gema geht stets davon aus, dass die Konzerte ausverkauft sind", sagt Roloff. "Dabei kommen im Sommer mitunter nur zehn Gäste." Eine Gema-Sprecherin verweist hingegen auf eine "Härtefallnachlassregelung".

Konzertveranstalter Karsten Jahnke zählt auch zu den Unterzeichnern der Petition - mehr aus Solidarität. Als einer der Großen der Branche hat er ganz andere Sorgen: Die Gema will bei Großveranstaltungen ihren Gebührensatz bis 2014 für Konzerte von bis zu 3000 Besuchern schrittweise von derzeit 1,9 auf dann zehn Prozent der Einnahmen erhöhen. "Bei manchen Konzerten wäre ich angesichts steigender Produktionskosten und Gagen froh, wenn uns überhaupt zehn Prozent der Einnahmen blieben", sagt Jahnke.

Doch um die Gebührenanhebung für Großveranstaltungen geht es in der Petition nicht. Ebenso wenig wird infrage gestellt, dass die Gema prinzipiell eine sinnvolle Institution ist. "Das Ziel dieser Petition ist nicht die Abschaffung der Gema, denn geistiges Gut ist schützenswert", heißt es dort. Viele Kleinveranstalter ärgert aber auch, dass "der Hauptanteil der Gema-Einnahmen ... in einem sogenannten großen Topf" lande. "Viele Künstler" seien "deshalb in ihrer Existenz bedroht". Auch das steht in der Petition.

Und was wurde aus der Strafanzeige von Nina Zober? Sie hatte nicht den gewünschten Erfolg. Die Veranstalterin habe versäumt, die exakten Titel der Lieder von Jazeps Vitols zu melden, teilte die Gema mit. Deshalb sei eine Überweisung nicht möglich. Nachdem Frau Zober die Meldung nachgeholt hatte, sagte die Gesellschaft zu, die Summe anzuweisen. Damit gab sich die Staatsanwaltschaft zufrieden und stellte das Verfahren ein. Anfang Juni fragte die Konzertveranstalterin wieder in Lettland nach: Die Tantiemen waren noch nicht angekommen.

Dem Abendblatt teilte die Gema mit, dass Vitols nun zum 1. September sein Geld bekommen soll - 28,50 Euro.