Ines Pohl ist vorsichtig geworden. Die designierte Chefredakteurin der “taz“ kam Mittwoch nach Hamburg, um sich der Norddeutschland-Redaktion ihrer Zeitung vorzustellen. Zuvor sprach sie bei einem Kaffee mit dem Abendblatt über ihre Pläne.

Hamburg. Doch veröffentlicht sehen möchte sie das Gespräch erst am Sonnabend. Die neue Chefredakteurin will ihrer Vorgängerin Bascha Mika nicht die Show stehlen, die in der "taz"-Ausgabe vom Sonnabend mit einem großen Interview verabschiedet wird.

So zartfühlend war die neue "taz"-Chefin unmittelbar nach ihrer Ernennung nicht. Dem "Spiegel" sagte sie, die "taz" müsse linker und frecher werden: Sie solle "sich auf ihre Kerntugenden besinnen". Das klang ziemlich forsch. Im Gespräch macht die Journalistin mit den kurzen dunklen Haaren aber eher einen nachdenklichen Eindruck. Was versteht sie unter links? "Links sein heißt für mich, sich grundsätzlich auf die Seite der Schwächeren zu stellen", sagt sie und rührt in ihrem Latte Macchiato. Und wie will sie ihre Vorstellungen bei der "taz" durchsetzen? "Ich habe keinen Zehn-Punkte-Plan. Die ,taz' ist keine Zeitung, die sich von oben nach unten durchregieren lässt."

Eine bessere Vernetzung von Print und Online ist ein weiteres Anliegen der neuen Chefredakteurin, die Stärkung des Online-Portals. "Wenn im Schanzenviertel die Müllcontainer brennen, sollte klar sein, dass man darüber am besten auf taz.de informiert wird."

Einige der sehr selbstbewussten Redakteure des links-alternativen Blattes störten sich auch an der Aussage, ihr Platz sei in der Redaktion "und nicht auf Podiumsdiskussionen". Dies war als Spitze gegen Bascha Mika verstanden worden, die recht häufig auf Podien zu Gast ist. "So war das überhaupt nicht gemeint", sagt Pohl. "Ich habe das gesagt, weil ich von außen komme und die Redaktion erst einmal kennenlernen muss."

Dass sich die "taz" eine Chefredakteurin ohne Stallgeruch holt, ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher: Die Neue war bisher Berlin-Korrespondentin der vergleichsweise konservativen Zeitungen der Ippen-Gruppe ("Münchener Merkur", "Hessisch-Niedersächsische Allgemeine HNA"). Bei der HNA volontierte sie auch und arbeitete später als Politikressortleiterin. Die in Mutlangen geborene Pohl war Mitglied der Friedensbewegung und versteht sich als Feministin. Das passt dann schon eher zur "taz". Dort war man bereits vor zwei Jahren auf sie aufmerksam geworden, als der Posten des Politikchefs zu besetzen war. Damals wurde man noch nicht handelseinig. Bisher gab es mit Arno Luik (heute "Stern"-Autor) nur einen "taz"-Chef, der von außen kam. Er blieb sechs Monate. "Das wird Ines toppen", sagt ein Redakteur. Die Irritationen nach dem "Spiegel"-Interview sind offenbar ausgeräumt.