In den USA startet neue Kampagne gegen Filmstudios. Vor allem Jugendliche sollen nicht länger zum Rauchen verführt werden. Das Thema Waffen bleibt aber tabu.

Berlin. Es ist eine kleine Revolution. In "Revolutionary Road" ("Zeiten des Aufruhrs"), dem jüngsten Film mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio, wird geraucht. Ja, es wird sogar ununterbrochen geraucht. Manchmal vergisst die junge Mutter Kate aus lauter Nervosität sogar, dass ihr noch eine Zigarette im Mundwinkel steckt, während sie schon die nächste in der Hand hält. Szenen aus einem Film, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint.

Geht gar nicht, meinen denn auch die Gesundheitsapostel in Hollywood. "Which movie studios will cause me to smoke this summer?" (welche Filmstudios werden mich in diesem Sommer zum Rauchen verführen?), fragt die junge Frau auf dem Plakat einer Anti-Raucherkampagne, das durch die Stadt gefahren wird. "Movie Smoking Scorecard" heißt die Gemeinschaftsaktion der Gesundheitsbehörde von Los Angeles, der American Medical Association Alliance (AMAA) und des California Youth Advocacy Network. Ziel ist ein Verbot für Raucherszenen in den für Jugendliche freigegebenen Filmen.

Was hätte Lucky Luke dazu gesagt? Mehr als 50 Jahre ritt er durch die Prärie, mit rauchendem Colt und einer Zigarette, die nicht einmal beim Sprechen aus dem Mundwinkel rutschte. Oder Audrey Hepburn. Unvergessen, wie sie in "Frühstück bei Tiffany" zwischen ihren Fingerspitzen eine Zigarette balanciert. Natürlich Humphrey Bogart in Casablanca. Und 1997 sinniert Jack Nicholson als zwangsgestörter Melvin in "Besser geht's nicht" in einer Kneipe rauchumwölkt bei Whisky über die "letzte legale Droge".

Jetzt aber werden die Studios Paramount, Disney Pictures, Sony Pictures, 20th Century Fox, Universal oder Warner Bros an den Pranger gestellt. Bis September kann man eine Petition unterschreiben, zu dem Thema twittern, die Rangliste bestücken und beispielhafte Videos hochladen. Nach Studien der Weltgesundheitsorganisation WHO verdient die Tabakindustrie 894 Millionen Dollar jährlich an "Neulingen" - bei bis zu 50 Prozent aller rauchenden Teenies sei das Kino schuld, dass sie zur Zigarette griffen. Der Zusammenhang zwischen "Vorrauchen" im Film und "Nachrauchen" sei nachweisbar.

2006 wurde in drei Vierteln aller Hollywood-Produktionen und in 36 Prozent aller Filme für Jugendliche geraucht. Für zeitgenössische Filme ergibt das ungefähr zehn Zigaretten pro Filmstunde - ein bescheidener Wert, gemessen an "Casablanca" oder "Sein oder Nichtsein", in denen pro Minute mindestens eine Zigarette auf der Leinwand glomm - und kein Argument für die AMAA: "Ohne Zigarette wäre der Film ebenso aufregend und glaubwürdig."

Von Waffen etwa spricht keiner. Dabei haben Amokläufe an Schulen die Geschichtsschreibung des Landes befleckt. Und was ist mit Burgern und Eiscreme, die Kinder dick und krank machen? "Wir denken an kein derartiges Filmverbot", sagt Walthers von der AMAA. "Es geht um die Todesursache Nummer eins in Amerika", und die ist das Rauchen. Das Kainsmal ist der Abdruck des Lippenstifts am Zigarettenfilter. Es ist ein bisschen wie im Film: Da gibt es auch nur Gut und Böse.