Am heutigen Sonnabend haben Abendblatt-Leser von 11 bis 19 Uhr freien Eintritt in die Ausstellung “Modern Life - Edward Hopper und seine Zeit“ im Bucerius-Kunst-Forum. Mit “Seven A.M.“ stellen wir heute zum letzten Mal ein Hopper-Gemälde vor.

Morgens um sieben ist der Laden noch geschlossen. Hinter der Registrierkasse steht noch kein Verkäufer, und auch sonst ist in dieser von der Morgensonne erhellten Szenerie weit und breit kein Mensch zu sehen. Im Schaufenster entdecken wir drei grüne Glasflaschen, einen blauen Kasten, eine Reklametafel und eine Art Bildkalender - eine dürftige, eher zufällige als gestaltete Dekoration.

"Seven A.M." (Sieben Uhr morgens) hat Edward Hopper dieses 1948 entstandene Bild genannt, das zu den Ikonen der amerikanischen Kunst gehört. Die Spannung dieses Bildes ergibt sich daraus, dass hier einiges nicht zusammenpasst. Wir sehen einerseits diesen Laden, den man in einer amerikanischen Kleinstadt vermuten würde. Tatsächlich hat Hopper sich hier an einer Ladenarchitektur seines Geburtsorts Nyack orientiert. Doch auf unserem Bild erstreckt sich gleich hinter dem Laden auf der linken Seite ein dunkler Wald.

In Wirklichkeit steht ein solches Ladengeschäft nicht am Waldrand, sondern in einem städtischen Umfeld. Daher wirkt dieses Bild fast surrealistisch. Ganz ähnlich wie die europäische Surrealisten bringt Hopper hier zwei Dinge zueinander, die nicht zueinander gehören: Zivilisation und Wildnis. Dieser Gegensatz ist ein großes amerikanisches Thema, das schon die romantischen Landschaftsmaler der Hudson River School im 19. Jahrhundert beschäftigt hat.

Aber daraus allein erklärt sich noch nicht das merkwürdige Geheimnis, von dem dieses Gemälde umgeben zu sein scheint. Man fragt sich: Wer taucht hier auf, wer betritt diesen Laden und wozu dient er überhaupt? Antworten finden wir nicht in dem Bild, wir bleiben auf uns gestellt. Hopper hat die Weichen gestellt, die Geschichten entstehen erst im Kopf des Betrachters.

Im Auditorium im ersten Stock gibt es zu jeder vollen Stunde eine Einführung in die Thematik der Ausstellung. Im Café spielt ein Pianist Swing und Jazz der 1920er- bis 40er-Jahre.