“Neuneinhalb“ in der ARD und “logo!“ beim ZDF bemühen sich um präzise Sprache und verzichten auf Fremdwörter.

Hamburg. Kinder interessieren sich nicht für Politik, heißt es. All zu viele Studien, die das Klischee bestätigen, gibt es zwar nicht. Dafür umso mehr Bestätigung im Alltag: Bei der "Tagesschau" in der ehrwürdigen ARD verstehen die Kinder nur Bahnhof. Kein Wunder: Selbst Erwachsene wissen mangels Hintergrundwissen oft nicht, worum es wirklich geht. Richtig interessiert sind sie nur, wenn ihr eigener Lebenszusammenhang berührt wird.

Bei Kindern ist das nicht anders. Deshalb glaubt Eva Radlicki nicht an das Klischee: "Natürlich sagen sie das, wenn man sie fragt. Aber wenn sie verstehen, was Politik mit ihrem Leben zu tun hat, wird Politik für Kinder interessant." Radlicki leitet beim ZDF die Redaktion Information/Kinder und Jugend. Zu diesem Bereich gehört auch "logo!", die Kindernachrichten des Mainzer Senders.

Radlicki ist eine Frau der ersten Stunde. Wenn sie die Erfahrungen von zwei Jahrzehnten "logo!" auf den Punkt bringen soll, sagt sie diesen Satz: "Man kann den jungen Zuschauern heute deutlich mehr zumuten, weil sie früher älter werden." Ein Neunjähriger von heute "ist einem Neunjährigen des Jahres 1989 voraus: an Weltwissen, an Zugangsmöglichkeiten zum Wissen, aber auch in seiner gesamten Entwicklung". Wenn Radlicki eine vierte Klasse besucht, ist sie immer wieder verblüfft: "Früher gab's bei bestimmten Themen oft ratlose Gesichter, heute wissen die Kinder viel mehr."

Natürlich bekommen sie auch mit, wenn etwas passiert, und dann ist es enorm hilfreich, die Ereignisse kindgerecht aufzubereiten. Erfolgsrezept von "logo!" ist das Credo der Augenhöhe. Kam die Sendung früher gern mal belehrend daher, orientiert sich die Redaktion heute viel stärker an ihrer Zielgruppe. Wortwahl und Satzkonstruktionen müssen angemessen sein: "Klar und präzise, keine langen Sätze, keine Fremdwörter", diktiert Radlicki.

Diese Prinzipien würde Matthias Körnich vermutlich unterschreiben. Er leitet die Redaktion von "neuneinhalb". Die WDR-Sendung ist vor fünf Jahren gestartet und bietet das Wichtigste der Woche noch kompakter als die "Tagesschau": Der Titel der Sendung bezieht sich auf ihre Dauer. Immer sonnabends bringt das ARD-Magazin in neuneinhalb Minuten ein aktuelles Thema der Woche auf den Punkt. Der Ansatz ist allerdings deutlich lockerer als bei "logo!", die Redaktion bedient sich freigebiger bei Elementen der Unterhaltung. Wichtigster Aspekt ist für Körnich die Auswahl: "Wir bieten eine Mischung aus relevanten politischen und gesellschaftlichen Themen sowie aktuellen Ereignissen. Einen besonderen Stellenwert genießen Themen, die für die Zielgruppe wichtig sind, aber in den Nachrichten oft untergehen."

Dabei pickt sich die Redaktion gern einen Aspekt heraus, "der als neugierig machende Frage Ausgangspunkt der Sendung ist." Entscheidend sind auch Machart und Dramaturgie: "Das Thema wird als Geschichte erzählt, an deren Ende idealerweise ein Aha!-Erlebnis steht." Auch Körnich betont die Augenhöhe: "Die Sichtweise der Zielgruppe ist Maßstab." Natürlich will "neuneinhalb" nicht auf optische Tricks, Masken, Sounds verzichten, aber die entsprechenden Effekte "müssen immer auch einen inhaltlichen, dramaturgischen oder die Aufmerksamkeit steigernden Zweck erfüllen." Und dann ist da noch die Maxime der Maximen, für "neuneinhalb" wie für "logo!" gilt: "Nachrichtensprache findet nicht statt."