“Es kommt schon vor“, schreibt mir Leserin S., “dass ich lache oder schmunzle, wenn ich Ihre Kolumne lese. Es kommt aber auch vor, dass ich mich ärgere über die Belanglosigkeit der Themen, die Ihre Leser aufregen.“

Ich glaube zu wissen, liebe Frau S., was Sie meinen, und zitiere ein paar Beispiele (diesmal natürlich anonym) - wobei mich immer wieder wundert, dass etliche beschwerdeführende Leser ihre "Sprachvorbilder" in Funk und Fernsehen vermuten. Wer je mit diesen Medien zu tun gehabt hat, weiß, dass dort weder Zeit noch Raum für "Sprachvorbilder" ist.

Beispiele also: "Das würde den alleinerziehenden Müttern nutzen." Oder: "Wem nutzt die Abwrackprämie?" Kommentar einer empörten Leserin: "Beide falsch. Entweder Nutzen wird groß geschrieben und mit 'bringen' verbunden, oder man nutzt kurz und praktisch das Verb 'nützen'."

Dass etwas nicht im Duden steht, halten manche Leser auch für ein Zeichen der Fehlerhaftigkeit: "verschenkbar" zum Beispiel oder das "Verspringen" eines Tennisballs bei einem Platzfehler. Es sei "erstaunlich, dass diese immer wieder verwendeten Bezeichnungen noch nicht im Duden Eingang gefunden haben".

Das soll auch für das Wort "abschachteln" gelten, das ein Leser im Kommerzfernsehen gehört hat, oder für den "Bestauner", der in einem öffentlich-rechtlichen Sender vorgekommen ist. Dass "volatil" nicht im Duden (24. Auflage) steht, mag man angesichts der Finanzkrise und des Auf und Ab an der Börse schon merkwürdig finden, da der Duden doch sonst fast alles aufsammelt, was der Zeitgeist so fallen lässt.

Eine Leserin verdrießt die Inflation der Redewendung "sich austauschen". "Wenn auch klar ist, was gemeint ist, so entbehrt es doch nicht einer gewissen Komik, dass aus dem Gedankenaustausch ein personifiziertes 'Sich austauschen' geworden ist. Die Sprache entwickelt sich weiter, aber manchmal doch in unfreiwillig komische Richtungen."

Das stimmt. Und an dieser Stelle, liebe Frau S., möchte ich Ihnen doch widersprechen. Alle diese Leser, deren Beschwerden Ihnen belanglos erscheinen mögen, achten auf den sprachlichen Ausdruck und dessen manchmal komische Entgleisungen - was deshalb so wichtig ist, weil Sprache sich anarchisch entwickelt, nicht regelgerecht. Und das ist eine Herausforderung an unsere Wachsamkeit. Sprache ist niemals belanglos. Denn "der Verderb der Sprache ist der Verderb des Menschen". Das ist nicht von mir, aber ich glaube, es ist wahr.