Sie war eine beeindruckende Schauspielerin, ist einer größeren Öffentlichkeit aber wohl vor allem aufgrund ihres politischen Engagements in Erinnerung geblieben: Im Alter von 86 Jahren starb Hanne Hiob am Dienstag in München.

Hamburg. Die Prominenz ihres Vaters brachte es zwangsläufig mit sich, dass sie stets als Brecht-Tochter vorgestellt wurde. Geboren wurde sie am 12. März 1923 als Kind des Dichters Bertolt Brecht und seiner ersten Ehefrau, der Opernsängerin Marianne Zoff. Da sich die Eltern bereits 1925 trennten, wuchs sie nicht bei ihrem Vater auf, sondern wurde von dem Wiener Schauspieler Theo Lingen erzogen, den die Mutter in zweiter Ehe geheiratet hatte.

Gleichwohl fühlte sich Hanne Hiob dem Werk und der politischen Haltung ihres Vaters schon früh verbunden. "Du bist für die Bühne ebenso wenig geeignet wie ich", mit diesen Worten soll Brecht ihr angeblich von einer Schauspielerlaufbahn abgeraten haben, freilich ohne Erfolg. Nach dem Lyzeum absolvierte sie in Wien eine private Schauspiel- und Tanzausbildung und stand 1941 erstmals als Ballettelevin in Wien auf der Bühne. Nach ersten Schauspielengagements in Salzburg übernahm sie 1943/44 Rollen in Ufa-Unterhaltungsfilmen wie "Frau Luna" und "Es fing alles so harmlos an". Als Schauspielerin überzeugen konnte sie erstmals 1945 als Leontine in Gerhard Hauptmanns "Der Biberpelz" am Wiener Volkstheater.

Seit den 50er-Jahren machte sich Hanne Hiob vor allem als Brecht-Interpretin einen Namen. In Hamburg wurde sie am Deutschen Schauspielhaus 1959 in der Titeltrolle der Gründgens-Inszenierung von Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" gefeiert. Neun Jahre später stand sie in derselben Rolle in Ost-Berlin auf der Bühne des 1949 von ihrem Vater gegründeten Berliner Ensembles. Als Schauspielerin zog sich Hiob 1976 zurück, trat aber weiterhin mit Lesungen, vor allem mit Brecht-Programmen, auf.

Ebenso streitbar wie umstritten ergriff sie immer wieder in tagespolitischen Auseinandersetzungen Partei, kämpfte mit teilweise spektakulären Aktionen 1979 gegen die Wahl von Carl Carstens zum Bundespräsidenten und 1980 gegen die Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß.

Getrieben wurde die Schauspielerin, die einige Jahre mit einem Berliner Arzt namens Hiob verheiratet war, von ihrer pazifistischen Grundhaltung und der Angst vor dem Wiederaufkommen des Faschismus. In ihrer politischen Urteilsfähigkeit erfuhr Hanne Hiob neben Zustimmung auch heftigen Widerspruch, mit ihrem persönlichen Engagement nötigte sie jedoch sogar politischen Gegnern Respekt ab.