“Ein Leben ohne Zeitung ist für mich nicht vorstellbar.“ Dieser Satz des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ist in der Wirtschaftskrise Balsam für die Seele von Zeitungsleuten.

Köln/Hamburg. - Zum Auftakt des 21. Medienforums NRW gestern in Köln hob der CDU-Politiker die Bedeutung der gedruckten Zeitung hervor und rief zu einer neuen Wertschätzung von Qualitätsjournalismus auf. "Auch in Deutschland gibt es Verleger, die unverhohlen die Zeitung zu Grabe tragen wollen", sagte Rüttgers. "Da muss und will ich vehement widersprechen." Man werde immer Journalisten brauchen, die in der Lage seien, Zusammenhänge kompetent zu erklären - bei der heutigen Informationsflut sogar mehr denn je: "Der Berufsstand braucht neue Wertschätzung."

Rüttgers, ein "exzessiver Zeitungsleser", stellte auf dem Branchentreff eine repräsentative Umfrage für das Medienforum vor. Demnach ist die Tageszeitung für alle Bevölkerungsgruppen das glaubwürdigste Medium. "Nur eine Minderheit glaubt, dass man sich ausschließlich über das Internet informieren kann." Das Interesse am Lokalen sei groß, und das gelte für Jüngere genauso wie für Ältere, für Hauptschüler wie für Gymnasiasten, für Arbeiter wie für Beamte.

Natürlich werde die Digitalisierung den Zeitungsmarkt verändern, sagte Rüttgers. Er sehe mit Sorge in die USA, wo "Journalisten entlassen, Korrespondenten eingespart, Redaktionen aufgelöst" würden. "Die Informationsrevolution frisst ihre Kinder." So weit dürfe es nicht auch in Deutschland kommen.

Eine Staatsfinanzierung von Zeitungen lehne er allerdings ab: "Journalismus muss unabhängig bleiben." Stattdessen wolle die Landesregierung den Verlagen helfen, sich zu multimedialen Medienhäusern zu wandeln. Es müsse auch sichergestellt werden, dass Artikel im Internet nicht einfach von anderen weiterverbreitet werden dürften. "Wir müssen uns gegen die Enteignung geistigen Eigentums wehren", forderte Rüttgers.

Helmut Heinen, Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), glaubt nicht, dass sich Qualitätsjournalismus komplett über Online finanzieren lässt. Es sei erstaunlich, dass man mit dem Verschicken von einfachen SMS-Nachrichten gutes Geld verdienen könne, dass man aber noch kein funktionierendes Modell für den Verkauf hochwertiger journalistischer Inhalte im Netz gefunden habe. Zum Überleben der Zeitung würde der Staat schon einen wichtigen Beitrag leisten, wenn er die Branche nicht noch weiter reguliere, etwa durch bestimmte Werbeverbote, sagte Heinen, Herausgeber der "Kölnischen Rundschau".