Rom/Hamburg. - Grenzen haben für Claudio Magris etwas Verbindendes. Der italienische Germanist und Autor begreift sie als Brücken, als Chance, etwas Getrenntes zu verknüpfen. Magris ist Grenzgänger zwischen Literatur und Philosophie, ein Flaneur durch die europäische Kultur. Weil er für ein Europa eintritt, das "seine geschichtliche und kulturelle Tradition und Vielfalt bedenkt und darauf beharrt", wird der streitbare Wissenschaftler und Schriftsteller am 18. Oktober in Frankfurt/Main mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Der 70-Jährige gehört zu den wichtigsten Literaten Europas. Sein schriftstellerisches Schaffen, seine humanistische Haltung und offene Art haben ihm Bewunderung eingebracht. Magris gilt als einer der brillantesten Kulturpublizisten Italiens.

Auch in die Politik seines Landes hat sich der Vater zweier Kinder immer wieder eingemischt. Von 1994 bis 1996 saß er als unabhängiges Mitglied eines Linksbündnisses für die Grenzregion Triest im römischen Senat. Aus Enttäuschung über die Regierung unter Silvio Berlusconi gründete er 2002 mit Umberto Eco und anderen Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur die Vereinigung "Libertà e Giustizia" (Freiheit und Gerechtigkeit). In der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" nahm er zu innen- und außenpolitischen Themen Stellung.

Seine Rolle als Vermittler zwischen den Kulturen sieht er in engem Zusammenhang mit seiner Heimat Triest. Wer "an der Kreuzung der italienischen, slawischen und deutschen Welt" zur Welt komme, für den sei die Toleranz ein ganz besonders wichtiger und gleichzeitig heikler Wert, schrieb Magris 2001 in einem Essay.

Mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels hat Magris nicht gerechnet. "Ein solch großer Preis zwingt einen, ein bisschen Bilanz zu ziehen. Diese Bilanz zeigt immer ein Defizit, von dem man hofft, dass die anderen es nicht bemerken."