Der Darsteller des bekanntesten Geheimagenten Ihrer Majestät kam nach Hamburg, um seine Memoiren zu signieren. Die Begegnung mit einer Film-Legende.

Hamburg. James Bond ist alt geworden. Er braucht Bodyguards. Zwei kräftige Kerle in dunklen Anzügen und unbewegten Gesichtern, einer der beiden hat früher mal auf Ronald Schill aufgepasst. "Da kriegt man schon mal ein Ei ab", erklärt er und beeilt sich hinzuzufügen: "Das erwarten wir heute aber nicht." Natürlich nicht. Alles, was die Umstehenden wollen, ist eine Unterschrift - und ein Foto natürlich. Q jedenfalls wäre entzückt gewesen: Ohne technisches Spielzeug, ohne Fotohandy oder Digitalkamera nämlich, nähert sich in der Hamburger Thalia-Buchhandlung kaum ein Besucher dem unermüdlich lächelnden und tadellos gekleideten Sir Roger.

Goldknöpfe, Goldrandbrille, Siegelring am kleinen Finger, Unicef-Emblem am Revers. Roger Moore, der in seinem Leben ganze siebenmal den berühmtesten Agenten der Filmgeschichte verkörpern durfte, ist diesmal nicht im Geheimdienst Ihrer Majestät unterwegs, sondern in eigener Mission - wenn das überhaupt zu trennen ist: "Mein Name ist Bond ... James Bond" heißt seine Autobiografie, die nun auch auf Deutsch erschienen ist (I.P. Verlag). Bis zu 700 Unterschriften in einer Stunde schaffe der 81-Jährige, hieß es vorher geradezu ehrfürchtig. Sportlich. Was im Übrigen auch die Ansage der Gastgeber erklärt, dass für persönliche Widmungen und Extrawünsche keine Zeit bleibt. Buch aufklappen, Unterschrift, Sir Roger lächelt, seine (vierte) Frau Lady Kristina lächelt auch, Nächster.

Charme, Selbstironie und ein routinierter Augenbrauen-Einsatz, der selbst Anne Will erblassen ließe, sind dabei noch immer seine verlässlichsten Waffen. Den meisten reicht das. Manche hatten sich mehr erhofft. "Scheiß-Amerikaner!", keift eine Frau, die eine zusätzliche Widmung ins mitgebrachte Sammelheft erwartet hatte. Bei so viel geografischem Eigensinn ist der höflichste Gentleman machtlos.

Und schließlich soll es ja um seine Memoiren gehen. Eine literarische Entdeckung ist Roger Moore, der das Buch mit einem Assistenten innerhalb von nur neun Monaten zusammenschrieb, zwar nicht. Aber doch ein unerschöpflicher Anekdotenlieferant, der sich genau daran erinnert, vor welchem Theaterauftritt er einst (auf der Bühne damals lautstark vernehmbar) zu viele Bohnen aß und dass es Lana Turner war, die ihm beibrachte, wie ein anständiger Filmkuss funktioniert: "Viel Leidenschaft, wenig Druck."

Eine goldene Regel, die sich problemlos auch auf Roger Moores Karriere übertragen lässt; Druck jedenfalls hat sich der gebürtige Londoner selten gemacht: "Nie kam mir in den Sinn, dass mir nur eine Rolle als Kleindarsteller beschieden sein könnte." Was übrigens keineswegs bedeutet, dass der junge Roger Moore sogleich mit Angeboten seiner späteren Arbeitgeber MGM und Warner Brothers durchstarten konnte. Lange bevor er in den Fernsehserien "Ivanhoe", "Simon Templar" und (mit Tony Curtis) "Die Zwei" Berühmtheit erlangte, war er als Soldat der Unterhaltungs-Einheit in Hamburg stationiert und gastierte mit dem Theaterstück "The Shop at Sly Corner" Ende der 40er-Jahre unter anderem in Celle, Hannover, Schleswig und Lübeck. Erst 1973 löste er (nach einem einmaligen Intermezzo von George Lazenby) Sean Connery als James Bond ab - in jener Rolle also, die für nahezu jeden, der sie spielen darf, zur Rolle seines Lebens wird. Außer vielleicht für George Lazenby.

Und trotzdem unterteilt Roger Moore, der zweifellos unernsthafteste aller Bonds, sein Leben nicht etwa in die Kapitel "Leben und sterben lassen", "Der Mann mit dem goldenen Colt" oder "Octopussy". Sondern in "das Jahr, als ich beschnitten wurde, das Jahr mit der Lungenentzündung, das Jahr mit der Bleikugel im Bein, das Jahr, als meine Hoden so platt waren, dass sie durch einen Sparschweinschlitz gepasst hätten, das Jahr der Weisheitszähne, das Prostata-Jahr". Ganzen 17 Ärzten dankt er im Nachwort - namentlich. Was Q für James Bond war, ist für Roger Moore sein kalifornischer Proktologe - ein Tüftler, ohne den der Job einfach nicht derselbe gewesen wäre. Kann also sein, dass James Bond alt geworden ist. Ein Hypochonder aber, gesteht Roger Moore und grinst und lupft noch einmal kurz und vertraut die linke Braue, sei er eigentlich schon immer gewesen.