Leise, behutsam inszenierte Glücksmomente wie diese sind hin und wieder notwendig, um das Stilempfinden klar einzuordnen, um zu erleben, wie bereichernd Purismus und Konsequenz als Kontrast zum handelsüblichen Schneller, Höher, Lauter des normalen klassischen Konzertbetriebs sein können.

Hamburg - Die einstigen Schrubbel-Barocker des Alte-Musik-Ensembles "Il Giardino Armonico" haben sich offenbar grundsätzlich geläutert und mit der großartigen Mezzosopranistin Bernarda Fink ein Delikatess-Programm entworfen, das tief und respektvoll in religiöse, musikalische und kulturgeographische Zusammenhänge hineinleuchtet. Die CD dazu ist gerade erschienen, das Live-Erlebnis in der Laeiszhalle war noch um einiges beeindruckender.

Vertonungen von Marien-Lamenti, Kompositionen von auch heute noch bekannten Stars wie Monteverdi oder Vivaldi, in Verbindung mit vermeintlich kleineren Meistern wie Ferrandini oder Caldara - ein Abend für Spezialisten, der aber rein gar nichts Sektiererisches hatte, sondern Spezialisten einfach nur das tun ließ, worin sie gut sind. Alles war dezent, affektgeladen, aber unaffektiert, hochemotional und von leiser Überzeugungskraft geprägt. Gardine-Chef Giovanni Antonini begleitete Fink in einer Arie von Conti reizend virtuos auf dem Sopran-Chalumeau, einem noch leicht blockflötigen Klarinetten-Vorläufermodell, mit der Cavatina aus Ferrandinis "Il Pianto di Maria" hatten die Interpreten sogar einen echten Tränendrücker ausgegraben, der - mit weltlichem statt religiösem Text - auf jeder Opernbühne für Szenenapplaus sorgen könnte.

Als Zugabe, die dann auch den musikgeschichtsbewussten Lokalpatrioten beglücken konnte, rundete Fink den Abend mit einer Arie aus Telemanns "Brockes-Passion" ab. Wer diesen beispielhaft anderen Konzert-Abend verpasst hat, der hat enorm viel verpasst. (jomi)