Schauspieler Christian Berkel wurde für seine Erfolge mit dem Medienpreis “Die Goldene Feder“ geehrt, die Laudatio hielt Lebensgefährtin Andrea Sawatzki.

Hamburg. Wir haben uns vor elf Jahren kennen gelernt bei Dreharbeiten auf der Insel Amrum. In der ersten Woche gingen wir uns ein bisschen aus dem Weg, aber irgendwann bekamen wir eine Art Inselkoller und beschlossen, mal gemeinsam essen zu gehen. Besonders beeindruckend fand ich, dass du mir den Stuhl unter den Hintern schobst und aufstandst, sobald ich mich erheben wollte, um den Stuhl wieder wegzuziehen. Du bestelltest den besten Wein für uns, das beste Essen und als Aperitif für uns ein Gläschen Champagner. Als ich daraufhin anbot, die Rechnung mit dir zu teilen, lehntest du ab mit der Begründung: Das Leben ist zu kurz, um schlecht zu essen und schlecht zu trinken.

Einen solchen Gentleman hatte ich noch nie in meiner näheren Umgebung gehabt, und ich nahm schon mal Witterung auf. Die Gespräche mit dir - stundenlang liefen wir am Strand entlang und du erzähltest aus Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", das hattest du gerade im Original gelesen, du sprachst fließend Englisch und Französisch. In dich verliebt habe ich mich, glaube ich, in dem Moment, als ich dich in einer Drehpause in der Bibliothek unserer Filmvilla sitzend vorfand. Du hattest es dir in einem Sessel bequem gemacht und warst, die Lesebrille auf der Nase, völlig versunken in einem Buch. Du warst abgetaucht in eine andere Welt, zu der ich keinen Zugang hatte. Da wollte ich dich küssen.

Der wirkliche Kuss kam dann eine Woche später in der Dorfdisco "Zum Seepferdchen". Wir sprachen über Männer und Frauen, darüber, dass sie eigentlich nicht recht zusammenpassen. Du sagtest, du würdest erst mal allein bleiben wollen, ich antwortete, das kann sich auch ganz schnell ändern. Und da küsstest du mich. Drei Monate später war ich mit Moritz schwanger. 2002 kam der kleine Bruno Berkel zur Welt, wir sind in Erziehungsfragen immer einer Meinung, so wie eigentlich in allen anderen Bereichen auch. Wir teilen uns den Haushalt, versuchen unsere kleinen Söhne zu glücklichen, starken, freien Persönlichkeiten zu erziehen. Haben uns an unserer Villa als Innenarchitekten versucht, was, wie wir finden, geglückt ist. Haben so viele liebe Freunde, so viel Spaß am Leben.

Du hast mir die Augen geöffnet für die Schönheit dieser Welt, mir meine Angst genommen, die Nacht zum Tag gemacht - mich auf Händen getragen. Du bist von einer Großzügigkeit, von einer Herzenswärme, die mich manchmal so sprachlos macht, dass ich weinen könnte vor Glück, dass es dich gibt. Wie liebe ich dich, wenn du durch unser Haus rennst und fluchend deine Lesebrille suchst, wenn plötzlich ein Lieferwagen mit zehn Kästen Wein vor der Tür steht, weil doch ein bisschen was im Haus sein muss, für den Fall, dass Freunde vorbeischauen.

Wenn wir mal knapp bei Kasse sind, lädst du mich ins Borchardt ein, wir essen Austern und trinken Champagner, weil, wie du sagst, das Leben zu kurz sei, um Trübsal zu blasen, und weil man sich so in schlechten Zeiten immer zum Trost an schöne Stunden erinnern kann. Du bist manchmal herrlich unvernünftig und hast doch immer alle Gefahren im Blick, und du hast die Gabe, über Missgeschicke zu lachen. Einmal hast du für ein gemeinsames Essen mit Freunden im KDW aus Versehen 300 Gramm weiße Trüffel gekauft, und als die Höhe des Preises mein Blut stocken ließ, nahmst du mich strahlend in den Arm und sagtest: Wir laden einfach noch zehn Leute mehr ein. Wie liebe ich es, wenn du mit unseren Söhnen und unserer Boxer-Hündin Calypso durch den Garten tobst, mit allen gemeinsam die verloren gegangenen Kaninchen und die Meerschweinchenwitwe suchst. Wenn du jeden Sonntag mit ernster Mine verkündest: Heute müssen wir endlich Tapsis Begräbnis organisieren, Tapsi, der Meerschweinchenmann, der vor sechs Wochen verschied und seitdem im Gefrierfach unseres Eisschranks auf sein Begräbnis wartet. Chronischer Zeitmangel.

Du hast für uns und die Kinder ein Kino bauen lassen, im Keller, schwarz und scharlachrot - die Erfüllung eines Lebenstraums. Da sitzt du dann, da unten mit einem Glas Rotwein, völlig versunken, abgetaucht in andere Welten.

Ich liebe deine Begeisterungsfähigkeit, deine Neugier, deine Beharrlichkeit, die Liebe zu deinem Beruf. Mit vier Jahren wolltest du Stierkämpfer werden, mit sechs Jahren Schauspieler, nachdem du im Kindertheater "Tom Sawyer und Huckleberry Finn" gesehen hattest. Danach batest du deinen Vater, dich, wenn er Zeit hatte, ins Theater zu fahren und danach wieder abzuholen.

Mit zehn konntest du den ersten Akt vom "Faust" auswendig und besuchtest das französische Gymnasium. Mit 14 wurde dir das Elternhaus zu eng und du zogst für zwei Jahre zu Freunden nach Paris. Du hattest kein Heimweh, du warst immer getrieben und von glühender Begeisterung für Neues. Mit 15 Jahren nahmst du Schauspielunterricht an der Comédie Française. Jean-Louis Barrault hatte dich an Pierre Bertin vermittelt. Zurück in Berlin, gingst du wieder an das französische Gymnasium und hattest nebenbei Schauspielunterricht bei Jürgen von Alten und Stephan Wigger. Dein erstes Engagement an den städtischen Bühnen Augsburg, nachdem du abgelehnt hattest, Falladas "Ein Mann will nach oben" fürs Fernsehen zu drehen.

Du wolltest dich gründlich auf deinen Beruf vorbereiten. Im Casting zu Bergmanns "Schlangenei" tauchtest du so in die Rolle eines Drogensüchtigen ein, dass du in einen Spiegel sprangst und nur der Notarzt dich wieder zusammenflicken konnte. Die Rolle bekamst du dann trotzdem oder erst recht.

Die Hingabe an die Menschen, die du spielst, in aller Brüchigkeit, immer präzise - nie verrätst du eine Figur, nie wird eine Figur zur Charge, zum Beispiel deine Verkörperung des Helmut Schmidt in "Mogadischu", ein Drahtseilakt. Mit welchem Enthusiasmus du den Bruno Schumann, deinen Kriminalisten für den Freitagabend-Krimi, auch nach drei Jahren noch spielst, mit welcher Liebe und Achtung du von deinem Team und den Kollegen sprichst, mit welchem Mut du dich in die Dreharbeiten zu fremdsprachigen Filmen stürzt. "Valkyrie" von Brian Singer war ein ziemlicher Kraftakt, du arbeitetest mit Spike Lee, Tarantino, Paul Verhoeven, Bertrand Tavernier, Ole Christian Matzen, um nur einige zu nennen.

Christian Berkel, ich bewundere dich, ich liebe dich, ich danke dir für das Leben mit dir, ich gratuliere dir zu deiner Goldenen Feder.