Hamburg. Wenn Fatih Akin am Freitag den kleinen Hörsaal in der Hochschule für bildende Künste (HfbK) betritt, dann in einer neuen und für ihn noch ungewohnten Rolle. Hamburgs erfolgreichster Filmemacher ("Gegen die Wand", "Crossing The Bridge") wird als Gastprofessor im Filmbereich zunächst für ein Jahr die Studierenden unterrichten. Der Regisseur und Schauspieler hatte selbst von 1994 bis 2000 am Lerchenfeld studiert.
"Wenn ein Kind der Hochschule so bekannt wird, liegt es nahe, ihn zu fragen, ob er etwas von seinen Erfahrungen weitergeben kann", kommentierte HfbK-Präsident Martin Köttering die Entscheidung. Akin passe besonders zum Profil der Filmausbildung, die eben nicht, wie an anderen Filmhochschulen, in Kategorien aufgeteilt sei. "Bei uns lernen die Studierenden noch, von A bis Z alles selbst zu machen", betonte Köttering.
Seit mehr als zwei Jahren unterrichtet bereits der Regisseur Wim Wenders an der HfbK. Eine Konkurrenzsituation entstehe dadurch nicht. "Beide verstehen sich gut", so der Präsident. "Und beide haben einen sehr künstlerischen Blick auf das Medium Film und sehen ihn in andere Disziplinen innerhalb der Kunst eingebettet. Mit der Verpflichtung von Fatih Akin ist es uns gelungen, eine neue Generation von Filmemachern an die HfbK zu holen."
Fatih Akin ist zuletzt mit Preisen geradezu überschüttet worden. Mit seinem Beziehungsdrama "Gegen die Wand" gewann er im vergangenen Jahr bei der Berlinale den Goldenen Bären, anschließend auch noch mehrere deutsche Filmpreise und den Europäischen Filmpreis. Mit seiner Musikdokumentation "Crossing The Bridge - The Sounds Of Istanbul" war er außer Konkurrenz im Wettbewerb beim diesjährigen Filmfestival in Cannes vertreten. An der Croisette fungierte er in diesem Jahr außerdem als Jury-Mitglied.
Seinen Durchbruch schaffte der 32jährige 1998 mit dem mehrfach ausgezeichneten Drama "Kurz und schmerzlos". Noch als HfbK-Student hatte er 1995 seinen ersten Kurzfilm "Sensin - Du bist es" gedreht. Es folgten das Roadmovie "Im Juli", die Dokumentation "Wir haben vergessen zurückzukehren" und "Solino". In der Regel schreibt Akin die Drehbücher für seine Filme selbst. Nur noch selten ist er als Schauspieler zu sehen, wie zum Beispiel im Regiedebüt "Die Liebenden vom Hotel Osman" seiner Kollegin Idil Üner oder in Hans-Christoph Blumenbergs Mediensatire "Planet der Kannibalen". Akin ist Mitinhaber der Produktionsfirma Corazon International. Im Moment schreibt er am Drehbuch für seinen neuen Film.
Rund 15 Studierende werden pro Jahr an der HfbK ausgebildet. Einige der Absolventen der vergangenen Jahre haben große Erfolge im Kino- und TV-Bereich erzielen können. Oliver Hirschbiegel ("Der Untergang"), Hermine Huntgeburth ("Die weiße Massai"), Lars Becker ("Nachtschicht") oder Yüksel Yavuz ("Kleine Freiheit") haben am Lerchenfeld studiert. In zurückliegenden Jahren waren auch Otto Waalkes ("7 Zwerge") und Loriot dort eingeschrieben.
Als Konkurrenz zum Filmstudium an der Hamburg Media School (HMS) sieht Köttering die Verpflichtung von Akin nicht. Die designierte Leiterin Katharina Trebitsch werde sich voraussichtlich eher auf den TV-Sektor konzentrieren. "Wir wollen uns um den Spiel-, Dokumentar- und den experimentellen Film kümmern. Das innovative Potential ist eher im kulturellen Bereich zu entwickeln", glaubt der Hfbk-Präsident. Man wolle jedoch mit der HMS zusammenarbeiten und möglichst auch ein gemeinsames Filmstudio betreiben. Die HMS befindet sich in unmittelbarer Nähe auf dem Gelände der Finkenau.
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