Hamburg. "Krankheit könnte so schön sein . . ." Der Seufzer auf der Homepage einer Hypochonder-Selbsthilfe (frustclub.de) kommt von Herzen - vermutlich von keinem gesunden. Denn wer wüsste besser, wie sehr tief empfundenes Leiden schmerzt, wenn es unverstanden bleibt. Dabei war schon Molières "eingebildetem Kranken" 1673 klar, was Linderung verschafft: ein Arzt im Hause.
Pech für den kläglichen Komödien-Helden Argan, dass er nicht heute in Deutschland lebt, wo jeder tagtäglich über einen Stab von Hausärzten verfügen kann und sich dabei nicht einmal ein Magengeschwür über zahlungsunwillige Kassen und wild wuchernde Praxisgebühren herbeiärgern muss. Denn es reicht die Fernbedienung.
Die öffentlich-rechtlichen Sender helfen aufopferungsvoll mit einem Intensivprogramm: 13 Medizin-Sendungen sorgen für Rundum-Versorgung. Ein Team von Teledoktoren behandelt einfühlsam und kompetent jedes Leiden - sogar jene, von denen man gar nicht wusste, dass sie einen quälen.
Legendär ist der "Morbus Mohl", benannt nach Hans Mohl (1928-1998), dem ersten Moderator im "Gesundheitsmagazin Praxis" des ZDF. Seinerzeit diagnostizierten Ärzte diese Krankheit bei Patienten, die die geschilderten Symptome bei sich selbst entdeckten und nach der Sendung in die Praxen strömten. Offenbar ein Verwandter des "Morbus clinicus", der Medizinstudenten an dem erkranken lässt, was sie gerade erlernen sollen.
Ein Abenteuerland ungeahnter Krankheiten mit geheimnisvollen Namen wie Sinusitis und dunklen Drohungen wie "Entzündete Höhlen" oder "Der Tod sitzt im Darm" (so der bekennende Hypochonder Harald Schmidt) tut sich auf. Getreu dem Hypochonder-Motto: "Leiden soll dir nicht schaden und muss nicht wehtun." S. 9
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