Bremen. Rekonstruktion lautet im zeitgenössischen Tanz das Gebot der Stunde. Die Besinnung auf das Erbe der Pionierjahre, das Wiederbeleben und Festhalten von Schlüsselwerken in dieser flüchtigen Kunst unterstützen derzeit auch Förderprogramme der Kulturstiftung. Ein faszinierendes Beispiel bietet das Ensemble des Bremer Tanztheaters mit "Callas" von Reinhild Hoffmann. Sie wirkte von 1978 bis 1986 in Bremen und bringt nun ihre 1983 im ehemaligen Concordia-Kino uraufgeführte Choreografie auf der großen Bühne neu heraus.

Für die Einstudierung versammelte Hoffmann nochmals die Tänzer aus der Ära von Susanne Linke und Urs Dietrich - und das Ergebnis war die Mühe wert. Hoffmann referiert in den acht Szenenbildern über Triumph, Leid und Einsamkeit einer Operndiva. "La Divina" gibt zwar inhaltliche Motive, Gefühlsstimmungen und den Ton an mit ihren Bravourarien, doch handelt "Callas" vielmehr von Höhen und Tiefen einer leidenschaftlichen Künstlernatur.

Der rote Samtvorhang auf der Bühne (Raum: Johannes Schütz) öffnet sich für Auftritte und Dramen, für Applaus und Verbeugungen. In einer Dressurszene wird der Kunstdrill demonstriert. Die Galerie der Rollen posiert zu Carmens Habanera. Zur Premierenfeier für den Star entfaltet das Ensemble aus Joachim Herzogs Kostümen eine Tafel, auf der Party danach wird Callas zum Spielball der geilen männlichen Fan-Gemeinde. Sie erheben die Diva auf dem Flügeldeckel zum Denkmal, die revanchiert sich zu Verdi-Arien der Lady Macbeth, indem sie mit blutigen Schuhen über die auf dem Teppich rollenden Kerle steigt. Groteske, Komödie und Tragödie wechseln sich ab in dem Tableaux mit dem großartigen Ensemble.

Hoffmann inszeniert ironisch und visuell fesselnd ihr Spiel mit Körpern, Objekten und Stoffbahnen. Es war seiner Zeit in den Bezügen zur bildenden Kunst voraus. Meisterlich.

"Callas" 27., 29.6., 3., 5., 8. und 13.7., Theater am Goetheplatz, Karten unter T. 0421/36 53 33