Karen Köhler, Benjamin Maack und Olga Grjasnowa lesen am 17.6. in der HafenCity

Benjamin Maack zieht in diesem Jahr eine Art Programm zur Teufelsaustreibung durch: Gegenstand der Bemühungen ist die eigene Person. In seinem neuen Buch "Monster" (Mairisch Verlag) bekämpft eine Hauptperson mit Namen Benjamin ihre inneren Dämonen. Es ist, als begebe sich Maack auf die Nachtseite des Lebens, um dort all das zu beleuchten, was ein moralisches No-Go ist, aber vom unzivilisierten Teil des eigenen Charakters so kräftig betrieben wird. In Maacks Erzählungen sterben Katzen, und mittelalte Männer begehren minderjährige Mädchen aus der Nachbarschaft. Die erste Liebe lässt einen stehen, nachdem man sich so infantil wie unromantisch verhalten hat: Erwachsenwerden ist schwer. Erwachsensein auch. Der Besuch der Jugendfreundin, die ihren schwer kranken Mann pflegt, ruft nichts als Melancholie hervor. Kurz gesprochen: Maack ist ein Meister der Verknappung, der in kleinen Geschichten von den großen Niederlagen erzählt.

Er selbst, der von seinem leicht skurrilen Wesen her betrachtet doch bestimmt kein reiner Welt-Entertainer ist, unterzog sich anlässlich der Veröffentlichung seines Werks einer harten Prüfung: Benjamin Maack las 24 Stunden in der Kiez-Kaschemme Hasenschaukel. Es war ein Kampf von beinahe existenzieller Schwere und Dringlichkeit - dagegen dürfte die Lesung auf den Magellan-Terrassen ein Klacks sein, ein Ausflug ins Sanatorium mit Hafenblick.

Maack ist wie seine Kolleginnen Karen Köhler, Natalie Lazar und Olga Grjasnowa zu Gast bei der traditionellen Lesung aus dem Hamburger Literaturjahrbuch "Der Ziegel". Motto der diesmaligen Veranstaltung: "Die Unversehrtheit der Dinge". Karen Köhler wurde im Herbst für ihre Erzählungen mit dem Förderpreis für Literatur ausgezeichnet, auch Natalie Lazar zählt zu den, wie man so schön sagt, Nachwuchstalenten.

Die in Baku und Frankfurt am Main aufgewachsene Olga Grjasnowa könnte ihr Vorbild sein: Ihr im Frühjahr beim Hanser-Verlag erschienenes Debüt "Der Russe ist einer, der Birken liebt" wurde von der Kritik gelobt und den Lesern in großer Zahl gelesen. Warum auch nicht: Grjasnowas kompromisslos und luftig geschriebener Roman erzählt Geschichten von Menschen, in denen sich die globalisierte Transit-Gesellschaft von heute wieder erkennt.

Grjasnowas Heldin Mascha ist eine Frau, die im permanenten Dazwischen lebt: in verschiedenen Sprachen, Orten, Liebschaften. Sie und ihre Freunde haben das, was Personalchefs als gebrochene Lebensläufe bezeichnen. Sie verzeichnen Gewinne und Verluste.

Grjasnowa erzählt ohne Hast und doch so, dass man ihre Figuren nicht wirklich zu greifen bekommt. Ein Entwicklungsroman ist das nur bedingt: Schließlich kommt Mascha nirgendwo an. Der Roman endet im Nirgendwo zwischen Palästina und Israel.

"Die Unversehrtheit der Dinge" "Ziegel"-Lesungen mit Karen Köhler, Benjamin Maack, Natalie Lazar und Olga Grjasnowa, So 17.6., 18.00, Magellan-Terrassen (Bus 3, 4, 6), Großer Grasbrook. Eintritt frei, bei Regen findet die Veranstaltung im Kesselhaus, Am Sandorkai 30, statt.