Drama mit heiteren Untertönen: “17 Mädchen“ von Delphine und Muriel Coulin

Die verschlafene kleine bretonische Küstenstadt Lorient erlebt eine Marienkäfer-Invasion. Die Insekten krabbeln überall, auch auf den Armen, Beinen und Bäuchen von Camille (Louise Grinberg) und ihren Freundinnen. In Frankreich gelten die Tiere als Symbol einer bevorstehenden Heirat. Aber hier kommt alles anders. Camille wird schwanger. Ihre Mutter und die Lehrerin sind entsetzt. Die 16-Jährige nicht, im Gegenteil. Eine Abtreibung kommt für sie überhaupt nicht infrage. Camille fühlt sich schon lange angeödet von ihrem ereignislosen Leben in einem tristen Hochhaus und erzählt ihren Freundinnen von der Veränderung. Die reagieren zuerst schüchtern, dann ganz anders als erwartet. Immer mehr von ihnen wollen es machen wie Camille. Sie werden schwanger, weil sie sich ein besseres Leben, ein selbstbestimmteres erhoffen. Die Eltern sind ratlos, die Erzeuger spielen in den Plänen der Mädchen keine Rolle. Sie träumen von einer Frauen-WG, rauchen und trinken. Aber dann holt die ebenso lebenslustigen wie naiven jungen Mädchen die Realität doch wieder ein.

Ein ziemlich eigenwilliges Regiedebüt haben die Schwestern Delphine und Muriel Coulin mit "17 Mädchen" hingelegt. So unglaublich die Handlung auch klingen mag, sie beruht auf Tatsachen. Einen ähnlichen Pakt wie die Mädchen im Film sollen Teenager in Massachusetts vor vier Jahren tatsächlich geschlossen haben. Der Film nimmt zu den durchaus tragischen Ereignissen eine sehr eigenwillige märchenhaft-verträumte Perspektive ein. Die Mädchen befinden sich seelisch und körperlich zwischen allen Stühlen und genießen es. Kameramann Jean-Louis Vialard setzt das in vielen Groß- und Detailaufnahmen schwelgerisch um. Die Regisseurinnen hätten einen sehr viel gesellschaftskritischeren Film machen und den auf weniger Protagonistinnen beschränken können. So überzeugt "17 Mädchen" mit einer starken Hauptdarstellerin und einer Leichtigkeit, die angesichts der ernsten Thematik provozierend wirkt.

Bewertung: empfehlenswert

"17 Mädchen" Frankreich/Belgien 2011, 90 Min., ab 12 J., R: Delphine und Muriel Coulin, D: Louise Grinberg, Juliette Darche, Roxane Duran, täglich im Holi, Studio-Kino; www.17-maedchen.de