In der Handelskammer und im Abaton sind die besten Beiträge des 9. Hamburg Animation Awards zu sehen

Handelskammer. Zwei Rettungssanitäter bringen eine alte Frau zurück in ihre Wohnung in einer seelenlos wirkenden Mietskaserne. Sie freut sich, wieder zu Hause zu sein, und bietet den beiden Helfern noch einen Kaffee an. "Geht nicht", knurrt der Ältere von ihnen. Sie verabschieden sich und lassen sie allein zurück. Traurig sieht sie ihnen vom Fenster aus nach. Das ist eine Szene aus dem Siegerfilm "366 Tage" des Hamburg Animation Awards. Die Preise im Trickfilmwettbewerb, der zum neunten Mal ausgetragen wurde, sind gestern im Schmidts Tivoli vergeben worden. Heute ist die Handelskammer Schauplatz der Animation Jam, in der sich erstmals die Animations-, Werbe- und Games-Branche aus Norddeutschland präsentiert. Morgen zeigt das Abaton ein Best of aus Hamburg und London (19 Uhr) sowie die Animationsfilme "Der gestiefelte Kater" (15 Uhr) und "Piraten" (17 Uhr).

Es geht um Zivildienst im Kurzfilm "366 Tage", der den mit 5000 Euro dotierten Hamburg Animation Award gewonnen hat, den die Handelskammer Hamburg in Zusammenarbeit mit der Animation School Hamburg vergibt. Im Fokus stehen die Unzulänglichkeiten dieses Berufs. Wenn ein Notruf kommt, sieht die Routine der Helfer meist so aus: "Aufhelfen, mit angelernten Floskeln aufmuntern, unterschreiben lassen. 'Wiederschauen!' Mehr ist eigentlich nicht drin", erklärt der Ältere seinem jungen Kollegen, der noch voller Idealismus steckt und vieles ändern möchte. Und doch scheitert. Johannes Schießl von der Filmakademie Baden-Württemberg hat den Film mit seinem Team inszeniert.

Der Innovative Design Award geht an Studierende von The Animation Workshop aus Viborg in Dänemark für den Film "Load" zum Thema Burn-out. Den Länderpreis für das Gastland Großbritannien gewann "A Life Well-Seasoned" vom Arts University College of Bournemouth. Die Juroren wählten aus 129 Beiträgen aus elf Ländern aus. "Die Filme waren in diesem Jahr besinnlicher, manchmal richtig düster", lautet das Fazit von Manfred Behn, Leiter der Animation School Hamburg. "Technisch werden sie immer besser." Zu den Laudatoren gestern zählte auch TV-Koch Tim Mälzer.

Stargast aber war jemand, der es im Animationsfilmgewerbe längst geschafft hat. Christian Schellewald ist als ausgebildeter Illustrator in die USA gegangen und arbeitet heute in Glendale, Los Angeles, als Production-Designer und Artdirector bei Dreamworks. Zusammen mit Pixar ist das von Steven Spielberg und Jeffrey Katzenberg mitgegründete Studio Weltmarktführer.

In dieser Eigenschaft hat er Filme wie "Shrek 2", "Kung Fu Panda" oder "Der gestiefelte Kater" mitgestaltet. Seine Aufgabe ist es, den "Look" eines Films mitzubestimmen. "Das ist oft eine Gratwanderung", erklärt er. "Man möchte die Familien erreichen, möglichst aber auch noch einige Teenager. Manchmal eignet sich so ein Film nämlich auch als 'Dating Movie'". Dreamworks hat gerade mit "Madagascar 3" gezeigt, dass man dort die Kunst dieses Spagats beherrscht. Der Film kam in Frankreich am Startwochenende gleich auf Platz eins der Charts. Bei uns startet er erst im Oktober.

"Ich mag Geschichten, die etwas anders sind. Spezialeffektorgien wie in 'Transformers' lassen mich kühl", sagt Schellewald. Der 49-Jährige ist in Essen aufgewachsen, hat aber auch einen Draht zu Hamburg, wo er in Wandsbek die Bundeswehr-Grundausbildung absolvierte. Der Animationsfilm ist eng mit den benachbarten Berufsfeldern der Computerspiele und der Werbung verbunden. "Männliche Berufsanfänger zieht es oft in den Games-Bereich, weil, es dort so schön technisch zugeht", sagt der Artdirector. "Im Trickfilm ist die Welt oft ein bisschen kindlich."

Schellewald überlegt gerade, ob er tatsächlich in Kalifornien alt werden möchte oder doch noch einmal mit seiner Familie nach Deutschland zurückkommt. Auf einem Flug hat er sich deshalb kürzlich europäische Animationsfilme angesehen und festgestellt, dass technisch kaum Unterschiede zu US-Produktionen erkennbar sind. "Aber in Europa sind die Geschichten oft etwas zerfahrener, die sind in amerikanischen Filmen stimmiger." Von den Erfahrungen mit seiner Arbeit wird Christian Schellewald auch heute in der Handelskammer erzählen.

Animation Jam heute 10.00-16.00, Handelskammer Hamburg (U Rathaus), Adolphsplatz 1, Eintritt frei

Animation Award Night Do 14.6., ab 15.00, Abaton (Metrobus 4/5), Allende-Platz 3, 7,50/6,50