Am Sonntag stellt das “Gemischte Doppel“ zum 30. Mal aktuelle Bücher im Literaturhaus vor - kurzweilig und vor rappelvollem Haus.

Hamburg. "Gemischtes Doppel" heißt die launige Veranstaltung, bei der Literaturhauschef Rainer Moritz und Literaturkritikerin Annemarie Stoltenberg seit sieben Jahren im Literaturhaus neue Bücher vorstellen und anpreisen. 500 Bücher waren es bisher, mindestens zehnmal so viele wurden durchgesehen, angelesen, getestet.

"Literarisches Duett" wäre ein geeigneter Name für die sach-, fach- und lachkundige Veranstaltung, die Lesehungrigen am Sonntag zum 30. Mal einen Überblick über literarische Neuerscheinungen gibt, denn ein wenig erinnern die zwei unerschrockenen und belesenen Kritiker ans legendäre "Literarische Quartett" des ZDF. Kurz(weilig) und knapp geht's um Stoffe, Inhalt, Stil. Alles muss verständlich sein, sollte zum Lesen verführen.

Und ein bisschen Zofferei gehört auch dazu. "Literarisches Duell" sollte es heißen, meint lachend Rainer Moritz, schließlich würden sich die beiden Kritiker doch auch in einem kleinen Wettbewerb befinden: Wer hat die tolleren Bücher? Wer kann lustiger vortragen? Wessen Empfehlungen werden hinterher am meisten gekauft?

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"Wir wollen Bücher publikumsnah präsentieren", sagt Annemarie Stoltenberg, die auch zwischen Kassel und Appenrade, Bruchhausen und Cottbus Buchhandlungen bereist, um dort pointen- und kenntnisreich neue Bücher vorzustellen. "Ich versuche, etwas herauszufinden, das die Leute wirklich lesen und nicht nur auf dem Nachttisch liegen lassen." Scheint zu klappen, die Veranstaltung ist stets ein voller Erfolg, das heißt, wer zu spät kommt muss sehen, wo er einen Stuhl herbekommt. 20 Zuschauer besuchten das erste Doppel im April 2005, inzwischen sind es fast zehnmal so viele.

"Wenn ein Buch nach 30, 40 Seiten keine Eigendynamik entwickelt", so einhellig die Meinung der beiden, "dann muss man wohl zum nächsten Buch wechseln. Man guckt eine Menge Bücher an, bevor man die findet, die man liebt." Gelesen wird überall und immer, auch morgens um fünf, "wenn ich nicht mehr schlafen kann", so Stoltenberg. "Man sollte nicht nur abends lesen" weiß sie, "dann ist man so konditioniert, dass Lesen zum Einschlafen führt." Aber am meisten lesen beide, wie alle Menschen, "im Urlaub". "Ich lese sehr systematisch, mache Listen, die ich abarbeite", sagt Rainer Moritz. Lesen ist sein Beruf. Dazu gehört auch, dass er am Wochenende in Wolfenbüttel einen Workshop gegeben hat, Titel: "Erotisches Schreiben - eine Frage der Technik?". Seine größte Erkenntnis daraus? "Das Wort 'Schlüpfer' scheint eine Renaissance zu erleben."

16 Bücher werden in jedem "Gemischten Doppel" vorgestellt, Krimis, Sachbücher, Entdeckungen, Romane. Kritische Bälle fliegen dabei hin und her. "Annemarie, was hast du den Menschen jetzt wieder angetan?", kommentiert Moritz Stoltenbergs Vorschläge. Und sie kontert mit: "Rainer, davon verstehst du nichts." "Zu unseren Rollenspielen gehört auch, dass wir so tun, als hätten wir mal was miteinander gehabt", sagt Moritz. "Was?", ruft Stoltenberg, "es ist zu Ende?"

Zu den literarischen Highlights aus sieben Jahren "Gemischtem Doppel" zählt Rainer Moritz John Banvilles "Die See", Richard Yates' "Easter Parade" und alles von Julian Barnes, so Stoltenberg. Ebenso Alain de Bottons "Wie Proust Ihr Leben verändern kann". Man sollte in den Urlaub immer Bücher aus der Region mitnehmen, in die man fährt, empfiehlt sie. Zu den Tipps, die diesmal gegeben werden, zählt Rainer Moritz Dea Lohers ersten Roman "Bugatti taucht auf". Als ehemaliger Schiedsrichter hat er, passend zur EM, auch etwas über Fußball: "Tausche Schwester gegen Endspielkarte". Und Annemarie Stoltenberg hat Friedrich von Oppeln-Bronikowski entdeckt. "Wir haben unterschiedliche Vorlieben", sagt sie. "Unsere Rollen sind festgelegt. Ich bin Lustleserin, Rainer gibt den Intellektuellen. Ja, wir sind so etwas wie Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler des Literaturbetriebes." "Oder Gitte und Rex Gildo", ergänzt Moritz. Neben der Literatur liebt er Schlager.

"Gemischtes Doppel" So 10.6., 20.00, Literaturhaus (U Uhlandstraße), Schwanenwik 38, 6,-/8,-