Hamburg. Musik hat ihre eigene Mathematik. Wo Zusammenspiel in höchster Vollendung gelingt, da ergibt eins plus eins keinesfalls zwei, sondern wieder eins. Eine Ahnung von dieser seltsamen Arithmetik vermittelte auch der Duo-Abend von Guy Braunstein und Hélène Grimaud in der Laeiszhalle.

Mit Sonaten und Fantasiestücken von Schumann und Brahms hatten die beiden sich auf ihren größten gemeinsamen Nenner geeinigt. An diesem Repertoire faszinierte den Geiger Braunstein und die Pianistin Grimaud offenbar dessen endlos strömender Melos. Hier ging es nicht um Wettstreit, noch nicht einmal um Wechselrede. Vielmehr griffen die Parts symbiotisch ineinander, um eine nahtlose Folge musikalischer Ideen fließen zu lassen. In Braunsteins Lesart, die Grimaud sensibel unterstützte, erschienen Schumanns Fantasiestücke op. 73 und Brahms' Sonate op. 100 so als das Sich-Aussingen einer unendlichen Melodie. Stiller Höhepunkt des Abends war der atemberaubend weite Bogen, zu dem der Geiger den Anfang des Andante tranquillo von Brahms' "Thuner Sonate" formte.

Bei genauerem Hinsehen und -hören zeichneten sich aber auch Bruchlinien in diesem symbiotischen Doppel ab. Der ebenso bullige wie unerschütterliche Braunstein setzte, ohne sich je in den Vordergrund zu spielen, die Akzente. An Grimaud schieden sich schon immer die Geister, weil die Balance von Technik und Sentiment bei ihr stets heikel und bedroht bleibt. Bei Brahms und der abschließenden Sonate von Ravel war die Französin ganz in ihrem Element. In Schumanns Fantasiestücken dagegen ließ sie die melodische Linie bisweilen in Gemurmel versinken.