“TagesWebschau“ will Fernsehen und Internet verbinden und in zweieinhalb Minuten das junge Publikum informieren. Ein kühnes Unterfangen.

Die modernen Zeiten wollen es so: Neben der in die Jahre gekommenen "Tagesschau" gibt es seit gestern nun auch die zweieinhalb Minuten lange "TagesWebschau", ein neues Informationsangebot der ARD. Nachdem der WDR den unter seiner Ägide stehenden Digitalkanal "Eins Festival" schon seit Längerem verjüngt und der SWR seinem "Eins Plus" vor einigen Wochen eine allabendliche Jugendschiene verpasst hat, machen sich nun auch das kleine Radio Bremen und der Hessische Rundfunk mit Unterstützung der Hamburger Nachrichtenprofis von ARD-aktuell daran, die alte ARD von innen her zu verjüngen. Auch diesmal will man "Neuland betreten", "junge Menschen ernst nehmen" und einer im Internet allfälligen Boulevardisierung der Nachrichten nicht verfallen: Eine "Tagesschau light" werde es nicht geben, formuliert der zuständige ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke, vielmehr wolle man die journalistischen Standards der klassischen "Tagesschau" auch auf das neue Format übertragen.

Das Drumherum zumindest stimmt schon einmal, das "TagesWebschau"-Team von Radio Bremen nennt seinen Redaktionsraum digitale Garage. Auch der Begriff Werkstatt fällt hier und da, soll der Charakter des Unfertigen bei der jungen Zielgruppe doch als extrem cool gelten. Die Macher wollen "Nachrichten aus der Sicht des Netzes zeigen", wobei komplexe Sachverhalte "durch spielerische Grafiken vereinfacht" werden sollen. Die Sendung wird nicht moderiert, sondern besteht aus Filmbeiträgen und ein paar zappelnden Schaubildern.

Dass das angepeilte Ziel hoch gesteckt ist, zeigte sich dann gestern, Punkt 16.53 Uhr, als die erste "TagesWebschau" im ARD-Digitalkanal tagesschau24 mit den Themen Facebook-Voting, Gaming-Messe in Los Angeles und einem Beitrag über den neuen Occupy-Soundtrack aufwartete. Die RTL2-News hätten es nicht besser hingekriegt.

Wirklich Neues hört sich anders an; weswegen Radio-Bremen-Intendant Jan Metzger das Vorhaben offenbar aus gutem Grund bereits vor dem offiziellen Sendestart etwas verklausuliert beschrieb. So will er Inhalte berücksichtigen, die "im Netz aktuell sind und die Gemeinde bewegen, aber für die große ,Tagesschau' und das Publikum um 20 Uhr eher weniger wichtig sind". Das alles mixe man fachmännisch zu einem Format, das "die Informationsqualität der 'Tagesschau' mit der Lebenswelt der Jungen und der Netzaffinen verbindet". Auch die Anmerkung der Macher, dass es online möglich sein werde, "per Klick zusätzliche Inhalte wie beispielsweise Videos, regionale Inhalte der Landesrundfunkanstalten oder weiterführende Links abzurufen", dürfte bei den meisten Teenagern eher Gähnen auslösen.

Innovativer gibt sich derzeit der Bayerische Rundfunk mit seiner "Rundshow". Die halbstündige Sendung läuft als zeitlich begrenztes Projekt von Montag bis Donnerstag am späten Abend und will ihre Zuschauer beziehungsweise Nutzer verstärkt einbinden, was mithilfe von Live-Schalten via Skype und Google Hangout meist auch gut funktioniert. Die Fernsehsendung ist zudem genau genommen nur schmuckes Beiwerk am Ende des Tages, denn von frühmorgens bis in die Abendstunden diskutieren die Macher um Richard Gutjahr und Daniel Fiene mit Interessierten bereits im Internet die drängenden Topthemen des Tages.

Für die "TagesWebschau" hagelte es zum Einstand gestern bereits Kritik vonseiten des Branchenverbandes der Privatsender (VPRT). Dieser monierte, dass die neue Nachrichtensendung nicht den für öffentlich-rechtliche und somit gebührenfinanzierte Onlineangebote vorgeschriebenen Drei-Stufen-Test durchlaufen habe und demzufolge nicht legitimiert sei.

Die "TagesWebschau " ist mit jeweils drei Beiträgen einmal werktäglich auf den Digitalkanälen Eins Plus, Eins Festival und tagesschau24 zu sehen sowie im Internet auf den Seiten der jungen ARD-Radios wie N-Joy und auf tagesschau.de.