Auf der Tagung der Vereinigung “Netzwerk Recherche“ ging es um die Zukunft des Berufs

Hamburg. Die "Rede zur Lage des Journalismus" eröffnet traditionell den zweiten Tag der Jahreskonferenz der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. In diesem Jahr hielt sie am Sonntag im NDR-Konferenzzentrum in Lokstedt die 32 Jahre alte freie Journalistin Julia Friedrichs. Sie verstand ihren Beitrag als "Appell" zum Schutz des unabhängigen Journalismus, so wie wir ihn bisher kennen. Sie sieht ihn gleich mehrfach bedroht.

Da sind die immer einflussreicher werdenden Strippenzieher in den Pressestellen und Agenturen. Mittlerweile gebe es mehr PR-Leute als Journalisten, folglich sei die Gefahr groß, dass überlastete Redaktionen Pressemitteilungen ins Blatt heben, ohne sie auch nur ein bisschen zu hinterfragen. Und da sei die nicht enden wollende Medienkrise, sie sei für nicht wenige Journalisten inzwischen existenzbedrohend. Die Honorare der Freien sinken immer weiter, wenn sie denn überhaupt noch Aufträge bekommen. Friedrichs zitierte eine Studie, nach der 2008 fast 40 Prozent der freien Journalisten weniger als 1000 Euro brutto verdienten.

Dass diese Untersuchung so falsch nicht sein kann, zeigte die Veranstaltung "Der Journalist als Ich-AG". Der Saal, in dem sie stattfand, war komplett überfüllt. Auf die im Untertitel der Podiumsdiskussion gestellte Frage: "Kann man vom unternehmerischen Journalismus leben?", gab es eine eher mäßig befriedigende Antwort: Ja, man kann. Aber nur mit Ach und Krach. Wenn selbst bekannte Freie wie die Autorin Silke Burmester mitunter nicht wissen, wovon sie ihre Vorsteuerzahlungen leisten sollen, und ein renommierter Fotojournalist sich seinen Beruf nur noch leisten kann, weil er nebenher Seminare gibt, ist das bezeichnend.

Zugleich sinkt das Ansehen der Journalisten weiter. Mitunter allerdings wird die Branche zu Unrecht kritisiert. So war es in der Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, als Teile der Öffentlichkeit die Aufklärungsarbeit fälschlicherweise als "Kampagne" wahrnahmen. In einer Diskussionsrunde, in der es um "Die Entfremdung zwischen Machern und Nutzern ging", formulierte Volker Zastrow von der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ein Grundproblem der Branche: "Im Zeitalter des Internets akzeptieren es die Leute nicht mehr, dass die Meinung von Journalisten per se wichtig ist, nur weil sie mit dem Megafon verbreitet wird."

Und wo bleibt das Positive? In einer Chefredakteursrunde am Nachmittag war man sich halbwegs sicher, dass für die Finanzierungsprobleme des Online-Journalismus irgendwann eine Lösung gefunden wird.