Der Senat will eine neue Abgabe für Touristen einführen, um das Besondere im Hamburger Kulturleben zu unterstützen und überregional dafür zu werben

Hamburg. Lange wurde um das Wie, das Warum, das Wer und das Wieviel gestritten, jetzt zeichnet sich für Anfang 2013 ab: Hamburg will von seinen Besuchern aus dem Rest der Welt eine Kulturtaxe erheben. Sie soll "zu mindestens 50 Prozent" zur Unterstützung außergewöhnlicher Kulturprojekte dienen, der andere Teil geht in "verstärktes Marketing für kulturtouristisch herausragende Attraktionen".

Zu den förderungswürdigen Projekten können "große Festivals wie das Reeperbahn-Festival, Elbjazz, Dockville oder die Lessingtage zählen, Sonderausstellungen der Museen oder große Theaterproduktionen mit überregionaler Anziehungskraft, die auch geeignet sind, auswärtige Gäste nach Hamburg zu ziehen." In Betracht kommen ebenso "kleinteiligere Formate, die die kulturelle Attraktivität Hamburgs überregional kennzeichnen." Laut Vorblatt einer Senatsdrucksache, die dem Abendblatt vorliegt, rechnet man mit Einnahmen von 15 bis 20 Millionen Euro pro Jahr. Die Staffelung der Abgabe orientiert sich an den Zimmerpreisen.

Die generelle Idee einer Kulturtaxe stößt in der Hamburger Politik auf viel Zustimmung, und das nicht nur im Regierungslager. Die Kulturschaffenden sind ohne Wenn und Aber dafür - streiten aber über die Verteilung. Auch in der Regierung scheint es Konflikte und Kontroversen gegeben zu haben, wofür dieses Geld konkret verwendet wird. In einem Vorentwurf des Doppelhaushalts 2013/14 von Anfang Mai, der dem Abendblatt vorliegt, findet sich ein Vermerk: 5,334 Millionen Euro aus dem Etat der Kulturbehörde seien für "globale Minderausgaben mit Gegenfinanzierung aus der Kulturtaxe" vorgesehen. Offenbar ist diese Idee inzwischen wieder vom Verhandlungstisch. Ein Sprecher der Kulturbehörde wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

Ebenso wenig wollte er sich zu möglichen Verteilungsschlüsseln äußern. Es gab auch keine Äußerung zur Frage der Höhe der generellen Minderausgaben, mit denen sich die Kulturbehörde am allgemeinen Sparzwang zu beteiligen hat. Angeblich soll diese Einsparquote bei 1,75 Prozent liegen, das würde für den Kulturetat etwa 4 Millionen Euro weniger bedeuten.

Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard findet es "natürlich toll", dass die Kulturtaxe kommt "weil sie Perspektiven eröffnet, gezielt Rahmenbedingungen zu verändern und neue Projekte zu fördern. Das ist eine riesige Chance - neues, freies Geld. Es sollte aber zu 100 Prozent in die Kultur gehen, schließlich heißt die Abgabe ja Kulturtaxe." Auf die Überlegungen angesprochen, das Geld als Tropfen auf den heißen Stein bei der Defizitbekämpfung zweckzuentfremden, meinte sie: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Politiker so ungeschickt sind, es im Haushaltsloch versickern zu lassen."

Christa Goetsch, kulturpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, sagte: "Es ist überfällig, dass das Gesetz zur Einführung einer Kulturtaxe in Hamburg endlich in den Senat kommt. Der bisherige Entwurf ist jedoch absolut unbefriedigend. Es ist unmöglich, dass nur 50 Prozent der Einnahmen für die Kultur verwendet werden sollen. Das zeigt, dass Kulturbehörde und Senatorin sich mit ihren Forderungen nicht gegenüber der Wirtschaftsbehörde durchsetzen konnten." Der Kommentar von Ulrich Waller, einem der Chefs vom St.-Pauli-Theater: "Es macht keinen Sinn, Musicals zu bewerben, die sich selbst bewerben können." Thalia-Intendant Joachim Lux hofft, "dass das Geld für den Zweck, für den es gedacht ist, auch verwendet wird: die Ansätze im Kulturetat der Stadt tatsächlich deutlich zu erhöhen".

Mit der Idee, eine Kulturtaxe einzuführen, haben Kommunen sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Vehemente Ablehnung gab es in München: Dort scheiterte die Stadt im März in zweiter Instanz. In Lübeck wurde im Februar die Klage einer Hotelbetreiberin gegen die seit Anfang 2012 erhobene Abgabe abgewiesen, die von ihren Gegnern gern mit dem Beinamen Matratzen-Maut versehen wird. Es gibt unter anderem sie in Bremen (wo sie der Vorsitzende des Gaststätten- und Hotelverbands Dehoga als "moderne Wegelagerei" bezeichnete), in Göttingen und Osnabrück. In Köln wird sie momentan zwar erhoben, darf aber, da eine Entscheidung des OVG Leipzig noch aussteht, nicht ausgeschüttet werden. Dieses Urteil soll Mitte Juni gefällt werden. In Kiel, Lüneburg, Schwerin und Worpswede wurde sie abgelehnt.

Auch der Dehoga in Hamburg kann sich nicht mit dem derzeitigen Gesetzentwurf anfreunden. Vizepräsident Niklas Kaiser von Rosenbarg kritisiert, dass es bislang keine konkreten Aussagen darüber gibt, wie die Einnahmen genutzt werden. "Wenn wir schon mit einer solchen Steuer leben müssen, dann muss sie wenigstens projektbezogen sein", sagt er. "Mir scheint, der Gesetzentwurf ist noch nicht durchdacht und er hat noch extremen Nachbesserungsbedarf." Klagen will der Verband bislang jedoch nicht. Eher wolle man mit der Stadt im Gespräch bleiben und gemeinsam "die Dinge weiter ausloten".

Deutliche Zustimmung der Hotelbranche zur Kulturtaxe erlebt die Kulturmetropole Weimar seit 2005. Das Klassikerstädtchen profitiert deutlich von ihr: "Weimar ist die bundesweit einzige Stadt mit einer solchen Kulturdichte, dass sie diese nicht allein tragen kann", kommentierte der thüringische Dehoga-Chef die Einführung. Von diesem Zustand ist Hamburg weit entfernt.