Beim Song Contest überzeugt Roman Lob mit guter Platzierung, Anke Engelke mit kritischen Tönen. Schweden siegt dank Loreen.

Hamburg. Große Euphorie in Schweden: Mit beeindruckenden 372 Punkten und weitem Abstand zu den zweitplatzierten russischen Großmütterchen Buranowskije Babuschki (259 Punkte) gewann Sängerin Loreen mit dem Lied "Euphoria" am Sonnabend den 57. Eurovision Song Contest in Aserbaidschans Hauptstadt Baku.

Damit liegt Schweden als fünfmaliger Sieger in der ewigen ESC-Tabelle mit Frankreich, Luxemburg und Großbritannien auf Platz zwei. Nur Irland hat mit sieben Siegen mehr Erfolge vorzuweisen, auch wenn der letzte Triumph schon 16 Jahre her ist. Wenn bedacht wird, dass auch die diesjährigen Beiträge aus Aserbaidschan (Platz 4), Italien (Platz 9), Spanien (Platz 10), Irland (Platz 19), Malta (Platz 21) und Norwegen (Platz 26) unter der Mithilfe schwedischer Produzenten und Texter entstanden, wird endgültig klar, wie stark die nordische Nation den paneuropäischen Musikwettbewerb beherrscht. Und nebenbei bemerkt ist der Eurovision Song Contest ein Komponisten-Wettbewerb.

Mehr Lob als Tadel hat sich am Sonnabend Deutschlands Kandidat verdient: Roman Lob, 21, aus Neustadt/Wied, der Gewinner der ARD-ProSieben-Castingshow "Unser Star für Baku", erreichte mit 110 Punkten einen respektablen achten Platz.

Sein Beitrag "Standing Still", geschrieben vom britischen Jazz-Star Jamie Cullum sowie Steve Robson und Wayne Hector, bekam je zehn Punkte aus Irland, Estland, Portugal, Dänemark und Ungarn. Die Nachbarn aus Österreich und der Schweiz spendeten jeweils vier Punkte.

Sehr zufrieden zeigt sich auch ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber (NDR) gegenüber dem Hamburger Abendblatt: "Roman Lob bot gesanglich einen der besten Auftritte des Abends, und auch unser Ziel, unter die besten zehn zu gelangen, haben wir erreicht." Ebenfalls überzeugend waren die Quoten: Im Schnitt 8,29 Millionen Zuschauer, bei Lobs Auftritt sogar 9,78 Millionen, verfolgten die Übertragung aus Baku. Das entsprach einem Marktanteil von 36,6 Prozent. Im Vorjahr waren allerdings noch knapp 3,5 Millionen mehr vor dem Fernseher dabei. "Dass wir die Quote des Düsseldorfer Heimspiels nicht erreichen würden, war uns vorab klar", sagt Schreiber, "das gute Pfingstwetter lud aber auch zum gemeinsamen Schauen ein."

Zum Beispiel in Hamburg: Über 5000 Fans feierten friedlich auf dem Spielbudenplatz den Song Contest und Gaststars wie Udo Lindenberg, Jan Delay, Unheilig und Peter Maffay. Sie wurden wie 180 000 Hamburger TV-Zuschauer auch Zeuge, wie Deutschlands Jury-Präsidentin Anke Engelke das deutsche Punkte-Votum vom Kiez aus mit mahnenden Worten nach Baku schickte: "Heute Abend konnte niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, abstimmen zu können. Und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf deiner Reise, Aserbaidschan! Europa beobachtet dich!"

Dass Engelke sich nicht nur auf die Ergebnis-Mitteilung beschränken würde, sei mit Thomas Schreiber vorab abgesprochen gewesen, "Anke Engelke hat mit ihren klaren, klugen und charmanten Worten die Ehre des ESC gerettet", betont er. In der Tat wären ohne Engelke und - nur im deutschen TV - kritische Live-Beiträge von Udo Lindenberg und Peter Maffay keine eurovisionären Misstöne zu den politischen Zuständen in Aserbaidschan gefallen.

Nun richtet Schweden 2013 den ESC aus, eine lupenrein demokratische parlamentarische Monarchie. Ob ARD und ProSieben wieder gemeinsam eine "Unser Star für Stockholm"-Castingshow organisieren werden, soll nach der ESC-Analyse besprochen werden. Ein Waterloo war es ja nicht in Baku.