Hamburger Festival zeigt bis zum 4. Juni 300 Kurzfilme in fünf Kinos. Der Länderschwerpunkt ist Amerika

Bahrenfeld. Der Stadtteil Bahrenfeld ist normalerweise nicht unbedingt das cineastische Zentrum Hamburgs. Das dürfte sich in den kommenden Tagen aber ändern, denn in der Stadt flimmert zum 28. Mal das KurzFilmFestival (KFF). Bis zum kommenden Montag werden 300 Kurzfilme aus 40 Ländern gezeigt. Die beteiligten Kinos sind das 3001, Zeise, Metropolis, Lichtmess und B-Movie. Und das Festivalzentrum ist der Bahrenfelder Kolbenhof an der Friedensallee 128.

Als Länderschwerpunkt haben die Programmmacher in diesem Jahr Amerika gewählt. Ganz bewusst nicht nur die USA, sondern den ganzen Kontinent, der Ziel zahlloser Emigranten war und ist, der für Freiheit, Weite und Erfolg steht. Spuren solcher Sehnsüchte findet man beispielsweise im Film "I Am John Wayne" der US-Regisseurin Christina Choes. Der junge Eric drückt sich darin davor, zur Beerdigung seines Freundes zu gehen, der wohl einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. Lieber geht er zu dessen Pferd, um das er sich jetzt kümmern soll. Eric ist ein verschlossener Typ. Stumm reitet er durch die Straßenschluchten, ein moderner Großstadtcowboy mit Kopfhörern. Nur kurz setzt er sich zu der aus Russland stammenden Svetlana an den Strand, die sich auch verloren fühlt. Als Eric sich wieder umdreht, ist das Pferd, das er angebunden hatte, verschwunden. Er wird es wiederfinden, aber es sieht anders aus als vorher.

Fast alle großen Regisseure haben mit Kurzfilmen angefangen. Da macht es natürlich Spaß nachzusehen, ob die alten Meister auch schon frühe Könner waren. Das kann man zum Beispiel bei George Lucas entdecken. Der spätere "Star Wars"-Regisseur drehte als Filmstudent im Jahr 1967 "Electronic Labyrinth THX 1138", in dem ein Mann ohne Namen versucht aus einer totalen Überwachung auszubrechen. Zwei Jahre später baute Lucas die Idee zu seinem ersten Langfilm "THX 1138" aus, der heute als Geniestreich in orwellscher Tradition gilt. Für Robert Zemeckis waren 1972 Erfolge wie der von "Forrest Gump" noch weit weg, als er "The Lift" drehte, in dem ein Mann in einem Fahrstuhl die Kontrolle über ebenden und über sein Leben verliert.

Natürlich gibt es auch aktuelle Kurzfilme aus den USA zu sehen, aber erstaunlicherweise auch aus Europa. "Wir wollen zeigen, wie die Alte Welt von der Neuen träumt", erklärt die künstlerische Leiterin des KFF, Birgit Glombitza. Filme sind immer auch ein Spiegel des Zeitgeistes. Der findet oft noch eher Eingang in die kurzen Werke als in abendfüllende Filme. Glombitza bestätigt, dass Beiträge aus Ägypten und Griechenland die Nähe zum historischen Wandel und den Umbrüchen spüren lassen.

Das Programm ist so vielfältig, dass fast jeder etwas finden sollte, was ihm gefällt. Die Retrospektive ist dem Avantgardefilmer Herbert Wessely gewidmet. "Weltenden" heißt eine Reihe, die in den Abgrund führt - im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Musik als Sprache steht im Mittelpunkt von "Onomatopoetisches - Poetry and all that Jazz". Und natürlich läuft parallel zum KFF das KinderKurzFilmFestival "Mo&Friese", das sogar erst am Dienstag, 5. Juni endet.

Noch größer als im vergangenen Jahr wird der No-Budget-Wettbewerb ausfallen. Diese Sektion sei die älteste des Festivals und außerdem sein "Alleinstellungsmerkmal", flachst Glombitza. Extra für die Reihe wird in Halle 5 auf dem Kolbenhof das No-Budget-Hotel eingerichtet. Dort wird eine "Work Peepshow" gezeigt, und die Filmemacher können ihr Publikum treffen.

15 000 Besucher kamen im vergangenen Jahr zum KFF. "Ich hoffe, wir können das steigern", sagt Glombitza, ist aber optimistisch. "Man kann bei uns hier und da etwas finden, außerdem viele interessante Leute treffen. Das ist schon ein ziemlich heimtückisches Konzept." Die Preisverleihung beginnt am Sonntag um 20 Uhr im Festivalzentrum und wird von Ruth Rockenschaub moderiert. Am Montag zeigen Zeise und Filmraum Preisrollen mit den besten Filmen.

28. KurzFilmFestival bis 4.6.; Infos unter http://festival.shortfilm.com