Hamburg. Gewalt nährt Gewalt und reproduziert sich immer wieder neu. Auf jedes palästinensische Bombenattentat folgt ein israelischer Vergeltungsschlag. Dass stets auch Unbeteiligte getroffen werden, gehört zur grausamen Logik des Nahostkonflikts. Wenn sich diese tödliche Spirale kaum durchbrechen lässt, liegt das einerseits am realen Konfliktpotenzial, aber eben auch daran, dass die Gewalt immer anonym erscheint.

Ein Bombenattentäter ist ein islamistischer Terrorist. Aber ist er nicht auch ein junger Mensch, der eine Familie hat und Menschen, die ihm nahestehen? Für ihre Doku "Nach der Stille" haben die beiden jungen Regisseurinnen Stephanie Bürger und Jule Ott einem der grausamsten Bombenattentate der jüngsten Vergangenheit nachgespürt: Am 31. März 2002 riss ein Terrorist in einem Restaurant in Haifa 15 Menschen mit in den Tod. Eines seiner Opfer war der israelische Pazifist und Humanist Dov Chernobroda, ein Mann, der sich zeitlebens für die Rechte der Palästinenser eingesetzt hatte.

Bei dem Bombenattentäter handelte es sich um den 24 Jahre alten Palästinenser Shadi Tobassi aus Dschenin im Westjordanland. Zwei Tage nach dem Attentat zerstörte die israelische Armee mit Bulldozern Teile des dortigen Flüchtlingslagers.

Stephanie Bürger und Jule Ott haben sowohl Kontakt zu Dov Chernobrodas Witwe als auch zur Familie von Shadi Tobassi aufgenommen, haben sie besucht und mit ihnen über den verlorenen Angehörigen gesprochen. Und schließlich haben sie die israelische Witwe auf der schwersten Reise ihres Lebens begleitet, die sie zur Familie des Attentäters nach Dschenin führte. Am Anfang hilflos und zögerlich, behutsam und mit fast unvorstellbarer Selbstüberwindung gaben sich diese Menschen die Hand, sprachen miteinander, berichteten über ihr Leben und teilten ihre Trauer.

Der berührende Film lief bereits in ausgewählten Kinos. Er bietet natürlich keine politische Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt, aber er zeigt, dass es jenseits der Politik Menschen gibt, die bereit sind, das Leid der jeweils anderen Seite zu verstehen und damit die Spirale der Gewalt zu durchbrechen.

"Nach der Stille" ARD, heute, 22.45 Uhr