In der Ballett-Werkstatt “Debüt“ brilliert vor allem der Nachwuchs

Hamburg. "Künstler zu sein bedeutet, an sich zu arbeiten und sich zu fordern", sagte John Neumeier bei der vierten und letzten Ballett-Werkstatt der Spielzeit. Er erfüllte in der "Debüt"-Matinee seinen jüngeren Tänzern Wünsche, ihre Sehnsuchtsrollen aus seinen Balletten zu übernehmen. Allerdings mussten sie ohne Bühnenplacement auskommen - und das vor ausverkauftem Haus. Ein wahre Feuerprobe, die alle mutig und selbstsicher bestanden.

In der abwechslungsreich und wirkungsvoll montierten Abfolge von Soli und Pas de deux verschafften sich drei Gruppentänzer starke, vom Publikum entsprechend bejubelte Einzelauftritte. Der kleine, drahtige Argentinier Emanuel Amuchástegui legte den schmissigen Wrong Note Rag ("Bernstein Dances") mit schwieriger Beinarbeit und quecksilbrigem Witz auf die Bühnenbretter. Marcelino Libao von den Philippinen war beim Danse Siamoise ("Le Pavillon d'Armide") im ureigenen Element, bestach durch plastische Linie und federleichte Sprungkraft. Aleix Martinez wagte sich an Yukichi Hattoris "Winterreise"-Solo zu "Fremd bin ich eingezogen" und bestach durch eine persönliche, auch technisch untadelige Interpretation.

Aufmerken ließen in der Reihe der Pas de deux Braulio Álvarez und die großartige, linienklar elegante Xu Lin durch nahezu perfektes Partnering im vierten Satz von Gustav Mahlers "Dritter Sinfonie". Das Duo stellt durch komplizierte Hebungen hohe Anforderungen an die Ausdauer der Tänzer, ebenso wie das Schäferstündchen von Diana mit dem schlafenden Endymion aus "Sylvia". Florian Pohl verkörperte mit schlummerschweren Gliedern erotisch-verführerische Passivität. Der große Kerl schien schwerelos und weich wie Wachs in den Armen der Solistin Patricia Tichy dahinzuschmelzen.

Komödiantische Akzente setzte Konstantin Tselikov mit seiner Frau Priscilla im heiteren "Frühlingstraum"-Pas-de-deux aus "Seasons - The Colors of Time". Der junge Solist bewies aufs Neue: Er ist ein naturbegabter, herzerfrischend humorvoller und dazu mimisch expressiver Tanzkomiker.

Ihr "Debüt" als Choreografen auf der großen Bühne gaben - aufgeregt und liebenswert nervös - Solistin Yuka Oishi und Gruppentänzer Orkan Dann. Sie boten Einblicke in ihre Probenarbeit am gemeinsamen choreografischen Experiment "Renku". Es eröffnet am 17. Juni die 38. Ballett-Tage.