Leopold Hurt spielt seine eigene Komposition “Seuring/Schalter“

Hamburg. Eine Zither in der Laeiszhalle? Dieses alpenländische Zupfinstrument, von dem sich der gemeine Hörer an Titel wie "Bergfrühling" oder "Almrausch" erinnert fühlt? Gemach. Die Komposition "Seuring/Schalter" für E-Zither solo und großes Orchester, das die Philharmoniker Hamburg am Sonntag unter der Leitung von Simone Young aus der Taufe heben, hat mit dem kommerziellen Volksmusik-Ufftata der ARD-Primetime so viel zu tun wie ein abstraktes Gemälde mit einem Lillifee-Sticker. Leopold Hurt, geboren 1979 in Regensburg, hat das kompromisslos avantgardistische Stück eigens für die Philharmoniker verfasst, er übernimmt auch den Solopart. Dazu dirigiert Young die Orchesterballade "Des Spielmanns Kind" von Leos Janacek und Bruckners Sinfonie d-Moll, genannt die "Nullte".

"Eine Zither ist sehr geeignet für Mikrotonalität, weil sie sich so leicht umstimmen lässt", sagt Hurt. Während normalsterbliche westliche Ohren Intervalle, die kleiner sind als ein Halbtonschritt, als unsauber empfinden oder womöglich nicht einmal wahrnehmen, geht es bei Hurt nicht ohne Mikrotonalität ab. Für das Zusammenspiel mit dem klassisch besetzten Sinfonieorchester hat er sich auf Vierteltöne beschränkt, sonst kommen bei ihm durchaus auch Sechsteltöne vor. Überhaupt findet Hurt sein Instrument sehr geeignet für die zeitgenössische Musik. "Es ist wie neu", sagt er, "schon weil die E-Musik es erst in den letzten 20, 30 Jahren wiederentdeckt hat. Die klanglichen Möglichkeiten der gängigen Instrumente sind ja ziemlich ausgereizt."

Dazu kommt der überraschende Reichtum an Klangfarben. Für "Seuring/Schalter" verändert Hurt die Grundklangfarbe mit speziellen Spieltechniken oder auch mit elektronischen Effekten.

Dass Young dem jungen Bayern den Auftrag erteilt hat, hat andere Gründe als die schlichte Tatsache, dass Hurt an der Hamburger Musikhochschule bei Manfred Stahnke Komposition studiert hat und bis heute hier lebt. Die Philharmoniker haben die laufende Saison unter das Motto "Folk Songs" gestellt, und in Hurts Werken für Zither schwingt, Avantgarde hin, Elektronik her, der kulturelle regionale Hintergrund wie ein Resonanzboden mit. In ihrer Heimat, der Alpenregion, ist die Zither auch in der zeitgenössischen Musik stärker vertreten. "Nur in Hamburg bin ich ein Exot", sagt Hurt und lacht. Es scheint ihn nicht zu stören.

IX. Philharmonisches Konzert So 20.5., 11.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 9,- bis 44,- unter T. 35 68 68; www.philharmoniker-hamburg.de . Das Konzert wird am 21.5. um 20.00 wiederholt.

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