Die neue “Rundshow“ im BR macht vor, wie das Internet traditionelles TV ablösen kann

Bertolt Brecht, der schon Ende der 1920er-Jahre den Medienkonsumenten zum aktiven "Sender" machen wollte, wäre begeistert. Endlich tut sich etwas im deutschen Fernsehen. Endlich hat der Zuschauer die Möglichkeit, am Geschehen einer Show mitzuwirken. Auch der Hamburger in Bayern: Seit Montag gibt es neben dem traditionellen Nachrichtenmagazin "Rundschau" im Bayerischen Fernsehen die interaktive Sendung "Rundshow", bei der es um "neue Wege der Informationsvermittlung" gehen soll. Die Einbindung von virtuellen Skype- und Google-Videoschalten, bei denen Projektinitiator Richard Gutjahr und Co-Moderator Daniel Fiene Normalos aus aller Welt befragen, sind ebenso Teil des Konzepts wie die Unterhaltung mit physisch anwesenden Studiogästen wie dem Wiener Studenten Max Schrems, der durch seine öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit Facebooks Datenschutzrichtlinien international bekannt wurde.

Den Rückkanal des Zuschauers ins Studio ermöglicht die sogenannte "Macht"-App für Smartphones. Anders als die angestaubte Fernbedienung bietet sie die Möglichkeit, per Knopfdruck zu applaudieren oder mal eben ein Video in die Livesendung zu schicken.

Konzipiert wurde das Projekt, das zunächst für vier Wochen getestet werden soll, von jungen Journalisten um Moderator Richard Gutjahr. Der ist sowohl in den klassischen Medien ("Rundschau Nacht" im BR-Fernsehen) als auch als passionierter Blogger und Twitterer in den neuen Medien zu Hause und somit gelebte Medienkonvergenz. Um 6 Uhr morgens beginnt der Arbeitstag des Teams. Interessierte können ständig im Netz Themen mitdiskutieren und sich per Videokonferenz mit den Machern unterhalten.

Allein die abendliche TV-Sendung gegen 23 Uhr weist auf klassisches Fernsehen hin. Auf die Menge der Zuschauer soll vorerst nicht geschielt werden: "Wenn wir es wegen der Quote machen würden, wären wir wohl fehl am Platz", sagte Gutjahr bereits vor Projektstart. Da viele der jungen Zuschauer die "Rundshow" in Form eines derzeit noch nicht messbaren Facebook-Streams ansehen dürften, ist eine faire Messung ohnehin nicht möglich.

Dass die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung Mitte der Woche bekannt gab, die Erhebung der TV-Einschaltquoten um die Nutzung via Web und Mobile zu erweitern, ist ein Hinweis darauf, dass das Internet gesellschaftlich zunehmend als Ersatz für den Fernsehapparat im Wohnzimmer akzeptiert wird.