In der Satire “Der Diktator“ versucht sich Sacha Baron Cohen an einer Handlung. Wer laut lachen will ist bei Cohen an der richtigen Adresse.

Die Filme des britischen Guerilla-Komikers Sacha Baron Cohen funktionieren alle nach demselben Prinzip: Ein hinterwäldlerischer Depp, ein offizieller Irrer in Strumpfhosen, gespielt von Cohen selbst, reißt Schwulenwitze, Frauenwitze, Fäkalwitze, rassistische Witze, immer dreieinhalb Meter unter der Gürtellinie. Das ist manchmal brüllend komisch, manchmal einfach nur geschmacklos, meistens beides gleichzeitig. Eine bunte Ladung Brachialhumor, begleitet von einer PR-Maschinerie, die selbst durchkommerzialisierte Produktionen wie "Sex and the City" meterweit in den Schatten stellt.

Nach dem dummdreisten kasachischen Starreporter Borat und dem schrill-schwulen Modemacher Brüno schlüpft Cohen dieses Mal in die Rolle des nordafrikanischen Diktators General Shabazz Aladeen - ein rauschebärtiger Bruder im Geiste von Saddam Hussein, Gaddafi und Kim Jong-il (dem der Film "in liebevollem Gedenken" gewidmet ist), der die gesamte Hollywoodriege von Megan Fox bis Arnold Schwarzenegger im Gegenwert von einer Handvoll Diamanten auf seinem Leopardenfellbett vernascht hat, nebenbei an Atombomben bastelt, beim 100-Meter-Sprint zu schnelle Läufer abknallt, Chefphysiker und die zu seinem Schutz eingesetzten Doppelgänger hinrichten lässt. Bis sein engster Vertrauter (Ben Kingsley) eines der Doubles gegen den Herrscher austauscht, Aladeen also entmachtet.

Anders als die Vorgängerfilme verfügt "Der Diktator" (Regie: "Seinfeld"-Erfinder Larry Charles) tatsächlich über etwas, das man eine Handlung nennen kann. Erstmals sieht der Zuschauer kein Spiel mit den Grenzen zwischen Realität und Fiktion, es entspinnt sich keine Improvisationskomödie in der Begegnung mit "echten" Menschen, die zu unfreiwilligen Mitspielern im Cohen-Universum werden. Leider findet sich somit auch das Markenzeichen, die große Kunst des Sacha Baron Cohen (der, das nur am Rande, Geschichte an der Eliteuniversität Cambridge studiert hat) nicht mehr im Film: in heiklen, entwürdigenden Situationen nicht aus der Rolle zu fallen.

Bahnbrechende Erkenntnisgewinne konnte man bislang aus keinem von Cohens Filme ziehen, der schale Geschmack allerdings von zwar zotigen, aber abgehangenen Pointen findet sich in dieser Form erstmals im "Diktator", der selbst in 80 Minuten Längen hat - vor allem in den Liebesszenen mit der ultraliberalen feministischen Naturkostladenchefin mit üppigem Achselhaarwuchs, in die Aladeen sich verknallt. Dennoch gilt: Wer laut lachen will (und sich währenddessen ein bisschen dafür schämen), der ist bei Sacha Baron Cohen an der richtigen Adresse.

Bewertung: annehmbar

"Der Diktator" USA 2012, 80 Minuten, ab 12 Jahren, R: Larry Charles, D: Sacha Baron Cohen, Megan Fox, Anna Faris, täglich im Abaton (OF), Cinemaxx Dammtor, Harburg, Wandsbek, Streit's (OF), UCIs Mundsburg, Othmarschen, Smart-City; www.derdiktator-film.de