Im Februar gewann Ivy Quainoo bei der erfolgreichen Castingshow “The Voice Of Germany“. Heute spielt sie mit Band in der Großen Freiheit 36.

Große Freiheit. Das Saallicht erlischt. In der Millisekunde, die zwischen einsetzender Dunkelheit und begeistertem Jubel vergeht, hört man die Verstärker brummen. Hinaus in den aufflackernden Lichtkegel gehen, in aufgerissene Augen blicken und entgegengestreckte Arme sehen sind eins. Der Schlagzeuger zählt den Auftakt an, und die Bühne gehört dem Star. Das muss ein tolles Gefühl für Ivy Quainoo sein, wenn sie heute Abend in der Großen Freiheit 36 auftritt. Viele Newcomer (und nicht nur die) träumen nur davon, in einem der besten - und größten - Hamburger Klubs aufzutreten.

Tatsächlich ist das ein Gefühl, das viele Popstars oder Superstars mit dem gewissen "X Factor" gar nicht kennen. Die Sieger der ungezählten deutschen Castingshows kennen den bestellten, durch Einpeitscher angefeuerten Jubel in den TV-Studios. Den medialen Rummel auf allen Ebenen in Zeitungen, Zeitschriften, Radiosendern, Blogs und Foren. Sie sehen ihre Namen ganz oben in den Album- oder zumindest Single-Charts. Sie fesseln ein Millionen-Publikum über Wochen vor dem Fernseher.

+++ Ivy Quainoo ist die neue Stimme Deutschlands +++

Und doch reicht das Interesse nicht für das, was einen Künstler eigentlich ausmacht: Konzerte. Ob Mehrzad Marashi oder Daniel Schuhmacher, LaVive, Some & Any oder David Pfeffer: Mehr als kleine Klubs waren nicht drin, wenn überhaupt. Nur wenige schafften es, über einen längeren Zeitraum auch live zu bestehen wie Thomas Godoj oder eine große Arena wie die O2 World zumindest halb zu füllen wie Lena Meyer-Landrut.

Immerhin sind für das Freiheit-Konzert von "The Voice Of Germany"-Siegerin Ivy Quainoo schon mehr als 1000 Karten verkauft. Das ist ganz ordentlich, so wie alles an der Berliner Kiezgöre aus Neukölln ganz ordentlich ist. Mehrere Wochen behauptete sie sich im Frühjahr in der Sendung von ProSieben und Sat.1 gegen - im Vergleich mit ähnlichen Formaten - ziemlich starke Konkurrenz.

Mit kräftiger und variabler Stimme interpretierte sie zum Beispiel "I Say A Little Prayer" von Dionne Warwick, "Hard To Handle" von Otis Redding, "Toxic" von Britney Spears und im Duett mit Florence Welch "Shake It Out" von Florence & The Machine. Die ganze Bandbreite von 60er-Soul bis Plastik-Pop ist es auch, die Quainoo musikalisch sozialisierte. Mit 14 sang sie Aretha Franklins "Respect" an der Kreuzberger Bühnenkunstschule, hörte aber auch gern die No Angels, das Pionier-Ensemble des deutschen Casting-Booms. Der Widerspruch zwischen authentischer Künstlerin und Medienprodukt ist für sie wie auch viele andere Teenager keiner. Pop ist Pop.

Und so bewarb sich Quainoo bereits vor zwei Jahren für die Vox-Castingshow "X Factor". Mehr aus Neugier, weniger von großem Ehrgeiz getrieben stand sie fünf Stunden mit ungezählten weiteren Bewerbern an, nur um abgelehnt zu werden. Im Jahr darauf, am Tag der Bekanntgabe ihres erfolgreichen Abiturs am Charlottenburger Schiller-Gymnasium, hörte sie von einem Vorsingen für "The Voice Of Germany" und nutzte die Gelegenheit, Teil einer Show zu sein, bei der die Stimme im Mittelpunkt steht.

Jetzt ist Ivy Quainoo "The Voice Of Germany", zumindest bis zur zweiten Staffel. Denn so funktioniert das Geschäft: Schon drei Wochen nach der Finalsendung erschien das Album "Ivy" mit 14 Songs aus den Schubladen diverser Produzenten und Komponisten sowie einigen Coverversionen. Die Bandbreite reicht von gefälligem orchestralen Rock-Pop ("Do You Like What You See") über Balladen ("Break Away") bis zu schmissigen Partynummern ("Walk Man"). Ihre beiden Show-Mentoren von The BossHoss helfen natürlich noch bei "I Say A Little Prayer" aus.

Nachhaltigkeit war bislang nicht gerade die Stärke von Casting-Stars, aber Ivy Quainoo hat sich noch viel vorgenommen: "Ich bin zuversichtlich, dass es nächstes Jahr auch noch weiterläuft. Für mich ist es am wichtigsten, Musik zu machen und damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen", wie sie im "Tagesspiegel" erzählt.

Denn auch, wenn sie bald nicht mehr "The Voice Of Germany" sein wird: Die Stimme bleibt.

Ivy Quainoo Di 15.5., 19.30 Uhr, Große Freiheit 36 (S Reeperbahn), Eintritt 38,- an der Abendkasse; www.universal-music.de/ivy-quainoo