Befürworter und Kritiker nach Eklat beim Nannen-Preis. “SZ“-Reporter hatten den Preis abgelehnt, weil sie ihn mit der “Bild“ teilen sollten.

Hamburg. Zwischen Curryfisch und Roastbeefröllchen gab es nach der dreistündigen Gala beim Henri-Nannen-Preis am Freitagabend im Schauspielhaus vor allem ein Gesprächsthema: die Ablehnung des Preises in der Kategorie investigative Leistung der "SZ"-Redakteure Hans Leyendecker, Klaus Ott und Nicolas Richter.

Der Grund: Die "Bild" wurde ebenfalls geehrt - und mit der Zeitung wollten sich die "SZ"-Männer nicht in einem Atemzug nennen lassen. War das angebracht? Nachvollziehbar? Kleinkariert? Die Meinungen der rund 1200 Gäste darüber gingen - natürlich - weit auseinander. Elke Heidenreich bezog schon aus Prinzip klar Stellung: "Ich finde es gut, dass die ,SZ'-Redakteure den Preis nicht angenommen haben. Ich bin alte 68erin. 'Bild' ist mein Feindbild", sagte die Autorin und Nannen-Preis-Laudatorin. Annette Hillebrand, Direktorin der Akademie für Publizistik, pflichtete dem bei: "Dass die ,SZ'-Redakteure den Preis nicht angenommen haben, ist für mich nachvollziehbar. Die Entscheidung der Jury verstehe ich dagegen nicht. Die Rechercheleistung von 'Bild' war kaum erkennbar."

Aufreger bei der Henri-Nannen-Preisverleihung

Tita von Hardenberg wiederum nannte das Verhalten der "SZ"-Reporter "äußerst fragwürdig": "Wenn man einen Preis verliehen bekommt, steht einem nicht an zu fragen, wer ihn ebenfalls verliehen bekommt. Die Argumente von Herrn Leyendecker sind nachvollziehbar, anmaßend ist diese Preisverweigerung dennoch", befand die Moderatorin - was Mutter Isa von Hardenberg mit einem "Wo sie recht hat, hat sie recht" ergänzte. "Fragwürdig", dieses Wort hörte man zu später Stunde - auch von Kollegen, die sich nicht zitieren lassen wollten. Die Moderatorin des Abends, "Tagesschau"-Sprecherin Judith Rakers, äußerte sich vorsichtig-abwägend: "Ich kann die Entscheidung der ,SZ'-Redakteure nachvollziehen. Ich respektiere aber auch jeden, der den Preis angenommen hat. Die Leistung der Juroren wird durch den Eklat nicht geschmälert." Patricia Schlesinger, Leiterin Programmbereich Kultur und Dokumentation NDR Fernsehen, vermisste bei der "SZ"-Aktion die "fehlende Größe" der Redakteure: "Hans Leyendecker und seine Kollegen hätten mehr Größe bewiesen, wenn sie über die Kollegen der 'Bild' gesagt hätten: Wir begrüßen die New Kids on the Block."

Die Preisträger

Wie Schlesinger sah es auch Moderatorin Annika de Buhr: "Ich bin mir bewusst, was Hans Leyendecker mit seiner Rede ausdrücken wollte - aber hängen geblieben ist nur, dass er zwei Kollegen persönlich beleidigt hat. Ein aussagekräftiges Statement zur publizistischen Richtlinie der 'Bild'-Zeitung ist ihm jedenfalls nicht gelungen. Ein Skandälchen aber schon. Wenn es das war, was er bezweckt hat, hat er sein Ziel erreicht."