Hamburg. Ravel liegt ihr, keine Frage. Hélène Grimaud ist eine technisch starke und rhythmisch bewundernswert sichere Pianistin, die flirrende Nervosität seines G-Dur-Konzerts ist bei ihr in guten Händen. Trotzdem konnte auch sie am Donnerstag in der Laeiszhalle aus einem Strass-Collier von Konzert wie diesem keinen Seelenhonig saugen. Ravel, der Gershwin-Bewunderer, liebäugelte schwer mit dem Jazz. Er lässt die Finger über die Tasten jagen, dass es eigentlich eine Freud' sein müsste. Aber eine Blue Note macht noch keinen Swing, und die scheinbar endlose Girlande von parfümierter Melodie im langsamen Satz schien geradewegs in die Seichtgebiete eines Richard Clayderman zu führen.

Zeigte das Gewandhausorchester schon beim Ravel sein fabelhaftes Reaktionsvermögen als Kollektiv, so geriet Mahlers Vierte nach der Pause zum Triumph eines engagierten, in jeder Binnengestalt herrlich differenzierten Musizierens. Vom Pult aus inspirierte Riccardo Chailly sein Orchester zum Ausspielen seiner Klangkultur: schlank, hellwach und furchtlos, weil sicher. Ein Segen, dass zwei, drei Töne daneben gingen. So konnte jeder hören: Das Gewandhaus ist keine Notennähmaschine. Christina Landshamer sang im Finalsatz herrlich - unprätentiös.