Anne Schwanewilms ist am Sonntag in der “Ariadne“ zu erleben

Hamburg. Sie hat das Gardemaß der Wagnerheroine, 1,82 Meter, dazu den passenden kühlen Blick aus zwei großen graublauen Augen, sie ist rotblond, und dann trägt sie auch noch diesen Nachnamen, der dem alliterationsverliebten "Ring"-Schöpfer Richard W. in die Feder geflossen sein könnte: Schwanewilms. So eine musste einfach eine Wagnersängerin werden. Und das wurde die Anne Schwanewilms aus Gelsenkirchen dann auch. Nach ihrem Studium in Köln und anschließendem Engagement an der dortigen Oper debütierte sie 1996 in Bayreuth als Gutrune.

Der Markt rollte ihr den roten Teppich als neue Top-Stimme im Richard-Wagner-Zirkus aus. Doch kaum dort angekommen, verweigerte sich Frau Schwanewilms. "Ich wollte doch auch Intimität zeigen." Sie entdeckte sich als Strauss-Sängerin, und als solche ist sie heute eine der gefragtesten Interpretinnen. Am Sonntag singt sie an der Staatsoper die Titelpartie der "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss.

"Bei Wagner, da können Sie auf den schönen breiten Akkorden einherschreiten und zwischendurch mal ins Publikum winken: Hallo, habt ihr mich gehört?" Das war auf Dauer nichts für die Frau, die, auch das hätte Wagner entzückt, Floristin gelernt hat, ehe sie so unrettbar an allen Enden zugleich für die Oper und das Singen entbrannte. Heute betört sie mit ihrer sensiblen Power auch bei Mahler und Messiaen, selbst bei Schumann und Schubert. Mit Wagner lässt Anne Schwanewilms sich seit zehn Jahren nur noch in den beiden lyrischen Sopranrollen hören, die in seinem Oeuvre zu vergeben sind, als Elisabeth im "Tannhäuser" und als Elsa im "Lohengrin".

Frau Schwanewilms hat auch deshalb so lange gebraucht, ihr Fach zu finden, weil die Stimme so hin- und herwanderte. Als Jugendliche im Kirchenchor sang sie im Alt, in Köln war sie sogar als tiefer Alt engagiert, was ihr befremdliche Rollen eintrug wie etwa die Mutter von Hänsel und Gretel, deren Sängerdarsteller 15 Jahre älter waren als sie. Dann wurde sie Mezzo, heute singt sie Sopran. "Große lyrische Bögen - das wurde mir in die Wiege gelegt", sagt sie. "Wenn ich die singe, dann sehe ich mich getragen wie die Fock eines Segelboots bei Wind auf der Außenalster."

Ihre Sprechstimme klingt immer noch nach Alt, sie hat etwas Raunendes, zugleich Ruhrpott-Regionales und Geheimnisvolles. Zwischendurch beim Reden verfällt sie ins Singen, und sei es nur, um kurz etwas zu zitieren. Dann wird es unverzüglich hell in ihrer Kehle, eine andere Macht scheint Besitz von ihr zu ergreifen, trotz aller Müdigkeit kurz vor der Premiere an einem Probentag, der so früh begonnen hat.

"Ich wollte so singen lernen, dass man mir nicht anmerkt, dass ich singe." So geht ein wohl typischer Schwanewilms-Satz. Gutes Mantra für eine, die will, dass, wer in der Oper sitzt, alle Künstlichkeit darin vergisst.