In der Peterstraße sollen neben Johannes Brahms und Georg Philipp Telemann auch Mahler und Mendelssohn mit einem Museum geehrt werden.

Hamburg. "Hanseatische Zurückhaltung ist hier völlig fehl am Platz. Hamburg ist eine Musikstadt, dafür müssen wir etwas tun." Aus diesem guten Vorsatz, mit dem Kultursenatorin Barbara Kisseler ihre Sympathisantinnenrede gestern im Lichtwarksaal beendete, soll in der Peterstraße eine museale Sensation knospen: die Komponistenmeile.

Seit 1971 gibt es dort eine Gedenkstätte für den 1833 im Gängeviertel geborenen Johannes Brahms, 2011 bekam er Gesellschaft in Form des Museums für Georg Philipp Telemann, der Hamburg in der barocken Blütezeit der Gänsemarkt-Oper zur allerersten Adresse machte. Nun sollen berühmte Neumieter folgen: Gustav Mahler, sechs Jahre lang Erster Kapellmeister am Stadttheater, und die komponierenden Geschwister Felix und Fanny Mendelssohn, deren Geburtshaus nur wenige Meter Luftlinie entfernt stand. Dazu kommt eine Würdigung für Carl Philipp Emanuel Bach, Telemanns Nachfolger und Patensohn, dessen Grab sich in der Michel-Krypta befindet.

+++ Wunschkonzert mit Starbesetzung +++

Die Häuser im Peterstraßen-Ensemble, die von der Carl-Toepfer-Stiftung zur Verfügung gestellt werden, sollen, ergänzt durch ein Besucherzentrum, eine "Straße des Erlebens des musikalischen Gedächtnisses" bilden. Das Haus Peterstraße 36 ist als neue Heimat für die Mendelssohn-Geschwister und die Mahler-Gedenkstätte vorgesehen, C. P. E. Bach zieht in die Nachbarwohnung von Telemann. Eine weitere Ergänzung: Kammerkonzerte und Veranstaltungen im Lichtwarksaal.

Der Einzugstermin des Komponisten-Kollektivs ist allerdings noch ungewiss, denn eine Investition in Höhe von rund 600 000 Euro wird zur Realisierung nötig sein. Zu diesem Ergebnis kommt ein Konzept von Philipp Adlung, der nach dem Bucerius-Kunst-Forum in Hamburg das Händel-Haus in Halle und das Beethoven-Haus in Bonn leitete. Ein Betrag, der als Preis für die Würdigung von mindestens einem halben Dutzend wichtiger Komponisten einschüchtert - bis man ihn mit den 1,5 Millionen Euro vergleicht, die in Leipzig allein für die Erweiterung des Mendelssohn-Hauses bezahlt werden. Adlung geht davon aus, dass nicht weniger als 50 000 Besucher pro Jahr realistisch sind, wahrscheinlich seien es wesentlich mehr. Den Michel besichtigen jährlich 1,5 Millionen Menschen.

+++ Leipziger Notenspur +++

Stehen und fallen wird das Hamburger Projekt vor allem durch bürgerschaftliches Engagement, Sponsoren und Mäzene. Zu hoffen wäre auch, dass die Stadt die Luft nach oben nutzen wird: Nachdem Karin von Welck der Telemann-Gesellschaft 6000 Euro Jahreszuschuss verweigert hatte, stockte ihre Nach-Nachfolgerin Kisseler den mehr als bescheidenen Betrag für das Gesamtkonzept ins Fünfstellige auf. Wie hoch genau dieses Versprechen ausfällt, mag die Behörde nicht mitteilen. Immerhin: Die Kosten für den Werbeflyer übernahm man. Womit der Ball, wie beim Thema Telemann, auch in die Bezirksversammlung Mitte gespielt wird, die Finanzspritzen gewährte. Die Hoffnungen sind entsprechend groß: Bei der Projektvorstellung meldeten sich prompt andere Komponistenverbände mit Wünschen, die eine oder andere Ecke für Nachrücker-Kandidaten wie Ligeti, Schnittke, Keiser, Woyrsch oder Selle überlassen zu bekommen.

Die Trägerschaft des Ganzen soll ein noch zu gründender Verein übernehmen. Ein Einweihungs-Termin, den man mit viel Rückenwind erreichen könnte, wäre das Jahr 2014. Dann wird der 300. Geburtstag von C. P. E. Bach zu feiern sein, an den ein Mitglied seines Fanklubs erinnerte. "Sie können das schaffen - wenn Sie das Geld mitbringen", konterte eine Telemann-Kollegin jovial, die offenbar schon weiß, wovon sie spricht. Diese hübsche Pointe entging der Kultursenatorin. Sie war schon enteilt, zum Bürgermeister, wegen der Elbphilharmonie.