Beim European Newspaper Award in Wien erhielt das Hamburger Abendblatt elf Auszeichnungen, auch für Visualisierung und Fotografie.

Wien. Gleich elf Auszeichnungen für das Hamburger Abendblatt: Auf dem European Newspaper Congress in Wien - einer Ideenbörse für mehr als 500 Zeitungsmacher aus ganz Europa - wurden diverse Zeitungsseiten des Ressorts Thema, des Hamburg-Teils und des magazins am Wochenende sowie die Abendblatt-Titelseite und eine Sonderbeilage über die Universität prämiert. Damit zählt das Abendblatt zu den Zeitungen mit den meisten Einzelpreisen. Das Hamburger Abendblatt erhielt die Ehrung für Innovation, Fotografie, Bildschnitt, Visualisierung und für die Titelseiten-Gestaltung.

Zu Europas bester Regionalzeitung des Jahres kürte die Jury die "Berliner Morgenpost", die ebenfalls bei Axel Springer erscheint. Besonders hervorgehoben wurde von der Jury das Experiment einer Kompakt-Ausgabe zur Berlin-Wahl im vergangenen Herbst. Die "Berliner Morgenpost" gründete ein eigenes Familien-Ressort. "Wir verstehen uns als Navigationssystem für die urbane Familie", sagte Chefredakteur Carsten Erdmann.

Die Kopenhagener Zeitung "Berlingske" wurde mit dem European Newspaper Award als beste überregionale Zeitung ausgezeichnet. Die dänische Traditionszeitung wurde 2011 komplett neu gestaltet. Statt eines unruhigen Layouts setzt die Redaktion auf ruhige Optik und längere Texte. "Entschleunigung und Tageszeitung sind kein Widerspruch", sagte Chefredakteurin Lisbeth Knudsen.

Beste Lokalzeitung darf sich die norwegische "Hordaland" nennen. Die Zeitung bietet mit einer Auflage von nur 9500 Exemplaren ein tägliches Magazin mit witzigen und aufwendig produzierten Fotostrecken. Europas Wochenzeitung des Jahres ist die Schweizer "NZZ am Sonntag". Chefredakteur Felix E. Müller und sein Team setzen auf lange Texte und weichere Themen.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte - so lässt sich auch ein Trend beschreiben, den die Zeitungsmacher in Wien diskutierten. Viele der ausgezeichneten Zeitungen erklären komplexe Hintergründe mit aufwendig gestalteten, teilweise doppelseitigen Grafiken. Manche Geschichte - wie etwa bei der norwegischen Zeitung "Bergens Tidende" - wird über mehrere Seiten hinweg nur mit Fotos erzählt. Skandinavien gilt derzeit als eine der Kreativschmieden für Zeitungsmacher. Einige Zeitungen wie das Stockholmer "Svenska Dagbladet" setzt den Trend zur Visualisierung konsequent um und stockte gerade erst ihre Grafikabteilung auf 16 Designer auf.

Lokales zuerst - das ist eine weitere Devise der Zeitungsmacher: Fachautorin Ulrike Langer berichtete aus ihrer Wahlheimat USA von dem Fokus auf den eigenen Stadtteil oder sogar die eigene Straße als Rezept gegen die Medienkrise. "Keine Nachricht ist zu klein, wenn sie lokal ist", sagte Langer. Die "Dallas Morning News" hat den Bürger als Verbündeten entdeckt und druckt regelmäßig eine Beilage mit den besten Nachrichten ihrer Leser. Andere Zeitungen - etwa die "Free Press" im kanadischen Winnipeg - laden ihre Leser in ein eigenes News-Café ein, wo es Kaffee und den direkten Draht zum Redakteur gibt.

Wie lässt sich der Mikroblogging-Dienst Twitter zur Recherche nutzen? Die Online-Journalistin Mercedes Bunz stellte ein Projekt der britischen Zeitung "The Guardian" vor: Auf der Website präsentiert die Zeitung, an welchen Geschichten die Reporter gerade arbeiten. Die Leser können Hinweise zum Thema per Twitter geben. So hatte einer der Polizeireporter Videoaufnahmen von einem Handy zugeschickt bekommen, die eine Nachricht in einem ganz neuen Licht erscheinen ließen.

Um die Leser noch stärker an ihre Zeitung zu binden, hatte "The Guardian" zudem erst kürzlich einen Erlebnistag für 5000 Leser in den Redaktionsräumen veranstaltet. Die Besucher konnten hautnah miterleben, wie die Zeitung entsteht, und sich mit dem Chefredakteur und dem Redaktionsteam über Geschichten und deren Aufbereitung unterhalten.

Wohin entwickeln sich die Zeitungen in Europa? "Einen einheitlichen Trend gibt es bei Europas Zeitungen in diesem Jahr nicht", sagte Zeitungsdesigner Norbert Küpper. "Auffallend ist, dass immer mehr Zeitungen auf Seriosität und Ruhe setzen."

Der European Newspaper Award wurde initiiert von dem Zeitungsgestalter Norbert Küpper und wird von ihm seit 13 Jahren gemeinsam mit den Fachmagazinen "Medium Magazin", "Der Österreichische Journalist" und "Schweizer Journalist" ausgerichtet. 226 Zeitungen hatten sich an dem Wettbewerb beteiligt.