Das Altonaer Museum zeigt 120 Jahre Wohnungsbau in einer Ausstellung

Hamburg. Eine Häuserzeile mit fünf Eingängen, deren beleuchtete Hausnummern sich als Jahreszahlen erweisen: Man kann 1872 eintreten, aber auch 1919, 1933, 1946 oder 1970. 120 Jahre Bau- und Wohnkultur zeigt die Ausstellung "Bei uns nebenan", die das Altonaer Museum in Kooperation mit dem Altonaer Spar- und Bauverein, der heutigen Altoba, als Zeitreise angelegt hat, in der Alltags- und Stadtgeschichte eng miteinander verbunden werden.

Ausgangspunkt ist das 120-jährige Bestehen des Spar- und Bauvereins, der für die städtebauliche Entwicklung des Bezirks Altona große Bedeutung hat. Nachdem seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr Menschen in die damals zu Preußen gehörende Stadt kamen, ging es darum, die Wohnungsnot möglichst zu mildern. Daher gründeten 39 Altonaer Männer unterschiedlicher sozialer Herkunft eine Baugenossenschaft, die als Vorläufer des sozialen Wohnungsbaus gelten kann. Ziel war es, auch Menschen mit geringem Einkommen eine eigene Wohnung zu verschaffen. Dafür musste man Anteile in Höhe von 300 Mark erwerben, konnte sie aber mit Mindestraten von 30 Pfennigen wöchentlich anzahlen.

Bescheiden waren die ersten Wohnungen, die über 47,5 oder 52 Quadratmeter verfügten und zunächst weder Gas- noch Wasseranschluss hatten. Dass die Altonaer Bauordnung ab 1892 ein WC vorschrieb, galt als enorme Errungenschaft. Da der Bedarf bei Weitem nicht gedeckt werden konnte, bemühte man sich um eine möglichst gerechte Vergabe. In der Ausstellung ist ein graues Säckchen zu sehen, in das Wohnungsinteressenten blind hineingreifen mussten. Es enthielt Holzkugeln in zwei Farben. Wer eine schwarze Kugel zog, ging leer aus, hatte er eine helle gegriffen, bekam er die ersehnte Wohnung. Bis in die 1960er-Jahre war dieses jährlich einmal praktizierte Losverfahren üblich.

In der Ausstellung sind Einrichtungsgegenstände aus Genossenschaftswohnungen vom späten 19. Jahrhundert bis in die jüngste Vergangenheit zu sehen. Zum Beispiel ein Gemeinschaftsbad mit einem altertümlichen Badeofen, der mit Holz geheizt werden musste. Mit historischen Fotos, Plänen und Dokumenten geht es nicht allein um Wohnkultur, sondern auch um Architektur und Städtebau, um NS-Zeit und Krieg, um Zerstörung und Wiederaufbau und schließlich auch um die Rolle, die genossenschaftlicher Wohnungsbau bei der Gestaltung der Neuen Mitte in Altona spielen könnte. In drei Erzählcafés gibt es Hörstationen, in denen sich Altonaer erinnern, zum Beispiel an das nachbarschaftliche Leben, an Kinderfeste oder an die spannende Wohnungsverlosung.

"Bei uns nebenan. Bauen und Wohnen in Altona" Altonaer Museum, Museumstraße 23, bis 10.2.2013, Di-So 10.00-17.00