Was Thomas Hengelbrock mit dem NDR Sinfonieorchester plant

Hamburg. Die viel beschworenen Flitterwochen zwischen dem Dirigenten Thomas Hengelbrock und seiner Orchesterbraut vom NDR dauern an, allem Anschein nach ist das Glück auch weiterhin mit dem jungen Paar. Der Eingewöhnungsprozess zwischen dem 53-jährigen Chefdirigenten, der im vergangenen Herbst sein Amt antrat, und den Musikern von der Rothenbaumchaussee sei "noch schneller gegangen als erhofft, die Zusammenarbeit noch besser, noch fruchtbarer als erträumt", berichtete Hengelbrock gestern bei der Vorstellung des Programms für die kommende Saison. "Ich würde den Ball ja gern flach halten", sagte er. "Aber es läuft einfach wahnsinnig gut."

Auch Rolf Beck, Chef der Klangkörper des NDR, ist voll des Lobes über den charismatischen Dirigenten, dessen Konzerteinführungen bis zu 600 Leute in den Saal zögen. Künstlerisch sei sein Konzept, die Sinfoniker stärker in der Geschichte der Orchestermusik zu verankern und mit ihnen mehr Barockmusik einzustudieren, voll aufgegangen. Dies spüre man auch an der Kasse: Bei den Chefkonzerten liege die Auslastung bei 80 bis 85 Prozent.

Spannende und sinnfällig komponierte Programme in inspirierend gemeinschaftlicher Spielhaltung verspricht Hengelbrock auch für seine zweite Saison, in der er die sogenannte Neudeutsche Schule um Liszt, Wagner und Berlioz in den Fokus rücken möchte. Barock und zeitgenössische Musik klug verzahnend, stellt er Bachs Johannes-Passion Teil I der "Ekklesiastischen Aktion" von Bernd Alois Zimmermann gegenüber. Weitere Kombinationen lauten Mahler und Lutoslawski, dessen Klavierkonzert Lars Vogt spielen wird, oder C.P.E. Bach und Schostakowitsch: Zwei ihrer Sinfonien flankieren Beethovens Violinkonzert.

Zu den Gastsolisten zählen die Geigerin Midori, die an einem von zwei speziell Paul Hindemith gewidmeten Konzerten unter der Leitung von Christoph Eschenbach auftreten wird. Gäste sind auch die Dirigenten Michael Gielen, Kent Nagano, Krzysztof Urbanski oder Sakari Oramo und Instrumentalisten wie Arcadi Volodos, Alina Pogostkina, Lisa Batiashvili oder Angela Hewitt.

Die NDR-Musiker bringen zudem eine Orchesterakademie an den Start, die das alte Praktikantensystem ablösen soll. Acht bis zehn Akademisten spielen mit und erhalten wöchentlich von Kollegen unentgeltlich Unterricht. Ein ganzes Jugendorchester, bestehend aus den besten Junioren im NDR-Sendegebiet, möchten die Musiker ebenfalls aufziehen. Man sieht: Der Geist ist willig, das Fleisch scheint stark. Hengelbrock: "Ich sage denen immer: ,Wir sind ein Künstlerkollektiv.'"