In “Schuld daran sind wir, Jungs“ zechen sich zwei Freundinnen durch die Nacht

Hamburg. Da werden seine Bürgermeisterkollegen aber mal ganz klar vor Neid erblassen. Welchem Politiker ist es schon vergönnt, dass man ihm eine eigene Liebesballade dichtet? "Du bist ein Erdrutsch, Olaf", schmachten Cornelia Schirmer und Anne Weber hingebungsvoll in ihre Mikrofone. Und nicht erst an dieser Stelle wäre ein Eintrittsbillett für diesen charmanten und witzigen Liederabend im Foyer des Thalia in der Gaußstraße eine sinnvolle Investition für Herrn Scholz: Mit ihrem Programm "Schuld daran sind wir, Jungs" legen die beiden singenden Schauspielerinnen ("Sekretärinnen", "Fritz, der Traktorist") eine freche, kleine Hamburg-Revue vor. Selbstironisch und warmherzig singen sie sich in gemütlicher Bar-Atmosphäre zu Siegfried Gerlichs Klavierbegleitung durch die durchzechte Nacht zweier bester Freundinnen.

Mehr Lokalkolorit geht dabei kaum: Vom "Pinneberg-Blues" bis zum traditionellen Rausschmeißer "New, New York", der hier allerdings ins Alte Land "Nach Jork, nach Jork" führt, gibt das ungleiche Duo - die schmale dunkle Anne und die üppige blonde Coco - einen wirklich bezaubernden Eindruck davon, dass es doch immer die kleinen Träume sind, die in Wahrheit die großen Gefühle bedeuten.

Brechts Seeräuber-Jenny wird zur wütenden Klofrau am Hafen verfremdet, die, wenn der Kopf fällt, nicht einfach "Hoppla" sagt, sondern schön hamburgisch breit "Oha!". Die professionelle Moonbootsträgerin aus der Davidstraße träumt sich ganz bürgerlich ins Häuschen nach Seevetal (mit Kellerbar!), und zweistimmig wird aus Donna Summers und Barbra Streisands "Enough is Enough" ein kräftiges "'N Arsch bleibt 'n Arsch".

Toll gesungen (die HafenCity wird im Satchmo-Sound beröhrt), voller Hach-Momente und mit dem gerade richtigen Quäntchen Beklopptheit, Kitsch und Übermut hinterlässt der Abend ein wohliges Discokugelgeglitzer im Herzen.