Artlounge-Projects im Überseequartier, die Galerie der Woche, zeigt Inge Pries' teils verstörende Bilder über die Flucht von Afrikanern.

HafenCity. Eine "Insel der Glückseligen" zu sein rühmt sich das Überseequartier in der HafenCity. Nicht ganz ohne Hintersinn zeigt an diesem Ort der hohen Mieten und des Weitblicks auch Galerist und Kunstagent Cato Jans noch bis zum 18. Juni eine "Insel der Glückseligen". Doch man weiß nicht so recht, was besser zu den neuen Bildern von Inge Pries passt: der Name Überseequartier oder die "Insel der Glückseligen"? Oder beides?

In Inge Pries' Bildern machen sich Schwarzafrikaner auf den Weg, auf die Flucht oder auf die Reise. Vielleicht nach Europa. Vielleicht nur mental in Richtung Westen, wenn sie ihre Hautfarbe, Kleidung und Religion ablegen. Aber wie immer bei Pries' Figuren ist hier nichts eindeutig und politisch verwertbar. Es ist ein tragikomisches Szenario, eine moderne Narrenschiff-Reise, die sie auf ihren Bildern zeigt. Eine Odyssee durch die Irrungen und Wirrungen von fragwürdigen Leitbildern.

Stoisch sitzen da drei Männer auf einem kleinen zurechtgezimmerten Floß. Jetzt wegfliegen wäre schön. Doch fliegen können hier nur ein paar Fische, die mal eben ins Element Luft reinschnuppern. So lässt sich das Trio im Wasser treiben, mag da kommen, was und wer wolle. Einer von ihnen hat sich eine improvisierte Schwimmweste aus leeren Flaschen um den Bauch gebunden. So kann man wenigstens nicht untergehen mit dem Rettungsgürtel Zivilisationsmüll um den Leib in Richtung Zivilisation. Doch was erwartet die Männer da? Niemand weiß das.

Pries malt weder Anklagen noch Antworten, eher Ungenauigkeiten, Unpassendes, Paradoxes und Trauriges, das sie statt mit Drama mit surrealer Situationskomik vertieft. So wie diese drei Männer, die sie nach dem Vorbild von Gericaults Gemälde "Floß der Medusa" in die Meereswüste schickt. Oder wie den jungen Schwarzen mit roter Zopfperücke: In der Linken hält er einen Eimer mit weißer Farbe, die an seinen Beinen schon reichlich Spuren hinterlassen hat. Hinter ihm kniet eine Malerin, vielleicht die Künstlerin selbst, die ihr Bestes gibt, die Haut des Mannes weiter zu weißen. Ist es wirklich egal, ob man nun schwarz oder weiß ist, wie Michael Jackson einst sang?

Pries geht in ihren Bildern diesen und anderen Fragen nach, indem sie ihre Werke stets mit westlicher Geschichte, vor allem Kunstgeschichte, oder mit dem sich ausbreitenden Zivilisationsmüll anreichert. Mittendrin ihr schwarzes Personal, das in all diesem Go-West-Hype mehr stoisch und gelassen als begeistert und beglückt agiert. Da haben zwei Welten noch lange nicht zusammengefunden. Aber sie bewegen sich aufeinander zu wie Traumatisierte, die nicht wissen, wer sie eigentlich sind.

"Insel der Glückseligen" von Inge Pries Artlounge-Project / Showroom Überseequartier (U Baumwall), Singapurstr. 17/19, T. 0172-411 66 74, geöffnet: Mi-Fr 15.00-19.00, Sa 14.00-16.00