Der passionierte Pianist Jan Christof Scheibe mag es ironisch und erotisch-verspielt

Imperial-Theater. Einen Musikwunsch nur einfach so zu erfüllen, das wäre Jan Christof Scheibe bei seinem "Wunschkonzert" ein bisschen zu fade. Pop-Schnulzen nachdudeln, das können doch schließlich viele Klavierspieler. Wer ihn und seine Shows kennt, der schätzt Scheibe, weil er irgendwie schräg drauf ist. Und dabei so unwiderstehlich charmant - vor allem zu den Damen. Der passionierte Pianist und Komponist mit dem Ruf des sensitiven Frauenverstehers mag es ironisch, humoristisch, raffiniert und erotisch verspielt. Also das Musizieren.

Eben vom Gastspiel mit der mittlerweile kultigen Wechseljahre-Revue "Heiße Zeiten" aus Zürich zurück, zieht es den Musikentertainer in eigener Sache wieder auf die heimatliche Stammbühne. Denn der Hamburger Jung fühlt sich zwischen Kiez und Schanzenviertel am wohlsten und in seinem eigentlichen Element. Außerdem: Die Nordlichter sind eben noch ein bisschen heller, kapieren etwas schneller, sind weniger zaghaft beim Lachen und Mitmachen als die etwas bedächtigeren eidgenössischen Nachbarn mit der längeren Leitung.

Also nur Courage und etwas Fantasie, liebe Zuhörer, beim heutigen Wunschkonzert mit Scheibe und Band. Bestellen Sie doch ein Lied für die Herzallerliebste. Bringen Sie eine CD mit Ihrem Lieblingssong. Den wird Herr Scheibe mit dem absoluten Gehör fachkundig zerlegen und überraschend neu wieder zusammensetzen. Sie gestalten Ihren Abend. Nach Ihrem Wunsch verwandelt sich der Schlager in einen groovigen Reggae. Die Sonate klingt plötzlich wie Hardrock, der Schiebertango nach Walzerschwung. Und der sonst eher das Trommelfell zerreißende Punk säuselt - auf Zuruf wundersam gezähmt - plötzlich ohreneinschmeichelnd wie Easy Listening.

Auch wenn Jan Christof Scheibes Lieblingsfarbe Blau ist und sogar seine Heimorgel wie seine Augen leuchtet, beherrscht das Multitalent alle Farben auf der musikalischen Skala perfekt: Vom verführerischen Chanson über die gefiedelten Klassikohrwürmer bis hin zu Salsa-Rhythmen und flottem Swing. Er ist ein stilistisches Chamäleon. Fordert das Publikum ihn beim Wunschkonzert heraus, geraten er und seine Musiker so richtig in Form. Kein Wunsch könnte so ausgefallen sein, als dass Scheibe und Band diesen bei ihrem musikalischen Improvisationstheater nicht erfüllen könnten.

Als Komponist lässt Scheibe ebenfalls die Wünsche des Publikums Wirklichkeit werden. Was immer es ihm auf die Bühne reicht - selbst gedrechselte Verse, das Schulabschlusszeugnis oder die Bedienungsanleitung ihres Hörgeräts - der talentierte Glatzkopf vertont alles. Im kleinen Finger ist er noch improvisationssicher und findet den passenden Dreiklang zu den Vorgaben.

Denken Sie jetzt bei Wunschkonzert noch immer an Omas Radiosendung von anno dazumal? Ans Erbschleicher-Konzert über den Äther mit Heintjes "Mama" oder Udo-Jürgens-Hits? Jan Christof Scheibe entdeckt das altbackene Format völlig neu. Sein Wunschkonzert aus Impro-Geist und -Witz wird zur Party. Er bietet alle seine Stimm- und Sound-Kräfte auf - bis der ganze Saal mitsingt, mittrommelt und in Hochstimmung mitgroovt.

Und das sogar am müden Montagabend.

Scheibes Wunschkonzert heute, 20.00, Imperial-Theater (U St. Pauli), Reeperbahn 5, Karten zu 19,-, erm. 15,- unter T. 31 31 14; www.imperial-theater.de