Bravorufe und viel Beifall für Nicole Heesters und Uwe Friedrichsen in “Love Letters“

Hamburg. Melissa, eine Malerin aus reichem Elternhaus, und der zielstrebig zum Senator aufsteigende Jurist Andy könnten nicht verschiedener sein. Und doch liebt sich das Paar auf seine Weise ein Leben lang - indem es sich Briefe schreibt. Darum geht es dem Theaterstück "Love Letters" von A. R. Gurney. Es feierte gestern mit Nicole Heesters und Uwe Friedrichsen eine mit Ovationen bedachte Premiere im Ernst-Deutsch-Theater.

Regisseur Wolf Dietrich Sprenger arbeitete in der Figurenzeichnung von Melissa und Andy entschieden die Gegensätze von Charakter und Temperament heraus. Im schlichten, schönen Raum von Achim Römer mit den zerknüllten Briefbögen auf dem Boden überlässt er dem gesprochenen Wort und seinen charismatischen Protagonisten das Feld. Bleibt Uwe Friedrichsen verhalten bei sich und korrekt an seinem Schreibtisch sitzen, ein angepasster und vernünftiger Mann, gestikuliert Nicole Heesters lebhaft, lacht, schmollt, wirft sich im Stuhl herum und legt schon mal die Beine auf die malerisch schwarz-weiß gemusterte Tischdecke. Friedrichsen gelingen beim Briefwechsel in der Jugend unaufdringlich jungenhaft scheue Momente in Blick und Tonfall. Wagt er sich mal etwas kecker und frecher vor, umspielt ein spitzbübisches Lächeln seine Lippen. Heesters dagegen wirkt richtig aufgedreht, zuweilen sogar überdreht, zeigt eine seelisch unausgeglichene, unberechenbare und rebellische Künstlerinnennatur. Sie lässt von Anfang an die reiche, aber unglückliche und trinkende Exzentrikerin ahnen, die sie später sein wird.

Nach der Pause spielt Nicole Heesters offensiv und packend das Drama einer zerrissenen Frauenseele aus, während Friedrichsen - oft in längerem hilflosen Verstummen - ahnen lässt: Nicht nur Melissa hat vieles falsch gemacht, auch in Andys scheinbar glücklichem Leben ist nicht alles richtig gelaufen. Es kommt eben nur auf den Standpunkt der Betrachtungsweise an, was Glück ist. Kommen die beiden schließlich zusammen, bedeutet die kurze, heiße Affäre konsequenterweise das Ende ihrer Beziehung.

Melissa hasst das Briefeschreiben, Andy huldigt ihm leidenschaftlich als einer aussterbenden Kunst. Gurneys wortspielerisch pointiertes Dialog-Pingpong wird zu ihrem Abgesang in einer Zeit von Chat- und SMS-Gestammel. Gefühle auszudrücken aber fällt selbst dem wortgewandten Andy schwer. Erst im letzten Brief findet er offene Worte und bekennt: "Melissa war das Herz meines Lebens."

Love Letters bis zum 2.7., Ernst-Deutsch-Theater, Karten unter T. 22 70 14 20