Die deutsch-britische Band Art Brut rockt kunstvoll die Bühne. Sie will das Genre des Response-Songs aus den 60er-Jahren neu beleben.

Der Begriff Art Brut vereint rohe, manche sagen auch "edelherbe" Kunst. Landläufig bezeichnet man damit die Werke autodidaktisch arbeitender Menschen außerhalb des Kunstkontextes, etwa von Menschen mit geistigem Handicap oder Gefängnisinsassen. Außenseiterkunst eben. Welche Idee mag wohl den Machern der deutsch-britischen Band Art Brut vorgeschwebt habe, als sie diesen Namen erwählten?

Gut, die Band hat sich darauf verlegt, das Genre des Response-Songs aus den 60er-Jahren neu zu beleben. Will heißen: schwergängige und schwer verständliche Texte mit kryptischen Botschaften vor lauter Soundtapete zu präsentieren. Art-Brut-Sänger Eddie Argos hat dies zum Markenzeichen seiner Bühnenkunst erhoben. Er habe Spaß daran, banale Dinge spannend klingen zu lassen, sagte Argos einmal bezogen auf den frischen Longplayer "Brilliant! Tragic!". Wie schon auf "Art Brut Vs.Satan" 2009 hatte Pixies-Sänger Frank Black hier seine Finger im Spiel. Und den Sound mit saftiger Indie-Credibility angereichert.

Auch jetzt beschäftigt sich das Quintett wieder mit seinem Lieblingsthema: dem Alltäglichen, das wie üblich direkt aus Argos Tagebuch in die Songzeilen floss. Allerdings ist die Musik diesmal weniger mit Losgehrock gespickt als in den Vorgängern. Auch wenn der Opener "Lost Weekend" erneut mit einem catchy Hook daherkommt. Statt Liedern über Busfahren und Sommer-Jobs bezeichnet sich Argos als "Bad Comedian" und bekennt: "Ich habe Zeit vergeudet, was ich nun bereue." Ein andermal widmet er dem Guns-N'-Roses-Skandalfrontmann Axl Rose einen Song, in dem Chaos und Anarchie einander fröhlich überrumpeln und befeuern. Gewiss, die Beats rasen noch immer davon, die Gitarren werden übelst gedroschen, dennoch schleichen sich da, wie in "Ice Hockey", nachdenkliche Töne ein, sogar ein Lied für das eigene Begräbnis ist darunter. Es ist doch schön, wenn auch eine anarchische Band mal erwachsen wird.

Zum ersten Mal, so diagnostiziert Argos, singe er "richtig". Seit das Debüt "Bang Bang Rock & Roll" die Musikwelt positiv aufschreckte, stand das nicht wirklich in Zweifel. Es mögen Laien am Werk sein. Kunst bleibt Kunst. Zu erleben am 28. Mai, wenn im Molotow der Schweiß von der Decke rinnt.

Art Brut Sa 28.5., 21.00, Molotow (U St. Pauli), Spielbudenplatz 5, Karten zu 13,- im Vvk.; www.artbrut.org.uk