Original und Remake: der Thriller “And Soon The Darkness“

Es braucht keinen dunklen Keller, keine knarrenden Türen oder mondlosen Nächte, damit sich die Nackenhaare aufstellen und der Puls in die Höhe schnellt. Eine lichtdurchflutete Landstraße irgendwo in der französischen Provinz reicht völlig aus. Auf ihr radeln zwei junge Engländerinnen in Robert Fuests 1970 gedrehtem Thriller "And Soon The Darkness" ihrem Schicksal entgegen - natürlich ohne es zu ahnen. Auf Urlaub sind sie in der Fremde, doch Versuche, Kontakt zu den Einheimischen aufzunehmen, schlagen fehl. Wegen der Sprachbarriere, aber auch, weil die Einheimischen Cathy und Jane mit einer Mischung aus aggressiver Abwehr und schweigender Missachtung begegnen. Dass irgendetwas nicht stimmt, dass die Gegend ein finsteres Geheimnis birgt, merken die beiden allerdings erst, als sie sich nach einem Streit trennen und Cathy einfach nicht wieder auftaucht. Ein Fotoapparat, ein Slip und ein zerstörtes Fahrrad sind alles, was Jane noch findet.

"And Soon The Darkness" ist ein Vorläufer des Hinterwäldler-Horrors, der später mit Filmen wie "Last House On The Left" oder "Texas Chainsaw Massacre" seinen weltweiten Siegeszug antrat. Dabei setzt Fuest, der als Regisseur zahlreicher Folgen von "Mit Schirm, Charme und Melone" bekannt wurde, aber nicht auf explizite Gewaltdarstellungen, sondern baut mittels Dramaturgie und Kameraperspektive eine Atmosphäre unbestimmter Bedrohung auf. Da sagt der unvermittelte Schwenk auf zerbrochene Speichen mehr als 1000 Messerstiche. Stark auch die Idee, die französischen Dialogpassagen nicht zu synchronisieren: Da fühlt der Zuschauer sich bisweilen so allein wie die beiden Frauen. Im Kino war dieser Thriller ein Flop, höchste Zeit, ihn jetzt auf DVD zu entdecken.

Unnötig hingegen das 40 Jahre später gedrehte Remake von Marcos Efron, das auf Hochglanzoptik setzt und die Handlung nach Argentinien verlegt. Auch hier wird geradelt, auch hier verschwindet eine junge Frau (Amber Heard aus "All The Boys Love Mandy Lane"). Doch aus dem nervenzerrenden Mysterium wird nun ein abstruser Verschleppen-und-versklaven-Fall mit unmotivierten Folterszenen. Durchschnittskost, die es zu Recht nicht auf die Kinoleinwand geschafft hat.

And Soon The Darkness Original: 1970, Remake: 2010, jeweils ab 16 Jahren; Kinowelt