Kalligrafie und Tee-Zeremonie stehen im Zentrum zweier Ausstellungen zur japanischen Kultur

Hamburg. Tokio hieß noch Edo, als das Königreich Preußen 1861 dort mit Japan einen Handels- und Freundschaftsvertrag abschloss. Damit begann der wirtschaftliche und kulturelle Austausch zwischen beiden Ländern, dessen 150. Jubiläum Hamburg jetzt mit gleich zwei Ausstellungen begeht.

In der Handelskammer gibt das Museum für Kunst und Gewerbe unter dem Titel "Tee und Zen sind Eins" von heute an Einblicke in seine hochkarätige Sammlung mit Objekten zur japanischen Tee-Zeremonie. Außerdem zeigt das Museum am Steintorplatz ab morgen die Ausstellung "Die Kraft der Linie. Abstraktion und Bildlichkeit in Japan und dem Westen". Kuratorin Nora von Achenbach hat aus dem reichen Fundus des Museums für Kunst und Gewerbe einerseits nach Beispielen direkter Beeinflussung zwischen japanischer und westlicher Kunst gesucht, andererseits aber auch nach parallelen Entwicklungen.

Ausgangspunkt ist die japanische Schriftkunst, deren Grundlagen aus China stammen, wo sie bereits vom vierten bis zum zwölften Jahrhundert entwickelt worden sind. Ein Schriftzeichen, bei dem es sich zugleich um ein Bild handelt, gilt nach fernöstlicher Vorstellung als unmittelbares Zeugnis der Persönlichkeit. Das Zeichnen selbst ist ein dynamischer Akt, ein Gestus der Bewegung, der mit dem Pinselstrich das Wesen einer Sache zum Ausdruck bringen kann.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten sich in Japan avantgardistische Künstlergruppen, die einen freieren Umgang mit der Schriftkunst übten. Bei ihren kalligrafischen Werken spielt die Lesbarkeit des Schriftzeichens schon keine entscheidende Rolle mehr, dafür aber der spontane Impuls, mit dem das Unmittelbare und Unterbewusste zu Papier gebracht werden kann.

Hier zeigt die Ausstellung Berührungspunkte zur westlichen Kunstentwicklung, speziell zum Informel. Auch dort geht es um die Unmittelbarkeit des Ausdrucks, entscheidend war der gelebte Augenblick.

Die Ausstellung zeigt Werke von japanischen Kalligrafen wie Hidai Nangaku und Shiryu Morita sowie Plakate und Grafiken von Europäern wie Max Ernst und André Masson. Einige westliche Künstler beschäftigten sich intensiv mit ostasiatischer Philosophie und ließen sich von kalligrafischen Werken direkt anregen. Bei anderen gibt es einen Umgang mit Form, Zeichen und Linie, der an Kalligrafie erinnert, obwohl sich kein direkter fernöstlicher Einfluss nachweisen lässt.

Tee und Zen. Die japanische Tee-Zeremonie Handelskammer, Adolphsplatz, bis 29. Juli

Die Kraft der Linie Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, bis 8. Januar 2012, Di-So 11.00-18.00, Do bis 21.00