Mozarts “Zauberflöte“ als Kyogen-Theater-Gastspiel im Thalia-Theater

Hamburg. Dass einem die eine oder andere Oper spanisch vorkommt, ist in unseren Breitengraden selbst für Menschen, die sich mit so etwas auskennen und zudem eine gewisse Grundsympathie verspüren, kein ganz neues Phänomen. Wie groß muss dann erst der Kulturschock sein, wenn ein japanisches Publikum mit den landeseigenen ästhetischen Vorbildungen auf die Traditionen dieses westlichen Kulturguts trifft? Doch bei einem Gastspiel einer Kyogen-Theatergruppe aus Kyoto auf der Thalia-Bühne wurde klar, dass diese komödiantisch drall überzogene Kunstform mit den Werten und Worten von Mozarts "Zauberflöte" ganz bezaubernd harmonieren kann, wenn man das Fremde und das Eigene klug kombiniert.

Neben den exquisiten Bläsersolisten der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, von denen die musikalische Essenz des Originals im Best-of-Format geliefert wurde, saß ein Herr im traditionellen japanischen Gewand und mit einer Ôtsuzumi-Trommel, während das auf ein halbes Dutzend Charaktere eingedampfte Ensemble - Männer in allen Frauenrollen inklusive - das umgedichtete Stück als Slapstick-Märchen mit Übertiteln und tieferen Weisheiten präsentierte.

Die Königin der Nacht ging als netzbestrumpfte Hochtöner-Diva am Rande des Nervenzusammenbruchs, ganz hinreißend ihr Peitschchen schwingend, auf alle anderen los; Pamina, Ziel so ziemlich aller männlichen Sehnsüchte, war nur als gezeichnete Kimono-Schönheit auf einem Plakat anwesend. Ganz und gar neu dazu erfunden, an der Lyra auf der silbernen Perückenmähne erkennbar, war der "Geist des Klangs", der im hochartifiziellen Stil des No-Theaters mahnende Sinnsprüche vortrug. Bei ihm hatte jedes kunstvolle Fächerwedeln eine erhabene, auf jeden Falle aber tiefere Bedeutung, bei den Kyogen-Kollegen, die schon mal an der ersten Parkettreihe entlangtobten oder mit den Musikern herumalberten, wurde dem Affen gehörig Zucker gegeben. Auch hierbei waren ganz klare Spielregeln einzuhalten, nur eben andere.

Die damit schon vertrauten Besucher im Thalia amüsierten sich von Anfang an prächtig, doch auch Neulinge erlagen schnell dem Charme des heiter überdrehten Kasperletheaters. Dummbatze, die sich auch noch so benehmen, sind weltweit lustig, und die Macht der Liebe, auf einer Bühne gut dargestellt, kommt ohnehin ganz ohne Wörterbuch oder Übertitel aus.