Der Schotte Martin Walker schreibt Kriminalromane, die in Südfrankreich spielen. Heute liest er in Hamburg

Heymann. Wein und Sonne satt statt Ale und tief hängendes Gewölk: Dass ein gebürtiger Schotte im südfranzösischen Perigord gewisse Leidenschaften entdeckt, mag wenig überraschen. Bei Martin Walker, Jahrgang 1947, Historiker und Journalist, wird auch das eine Rolle gespielt haben, als er seine Zelte im reizvollen Tal der Vézère aufschlug. Eine weitere Leidenschaft jedoch kam bald hinzu, das Schreiben von Kriminalromanen. Und so hob Walker diese bis dato recht literaturlose Region auf die Landkarte des europäischen Kriminalromans. Heute liest der Autor, der einen Teil des Jahres auch in Washington lebt, in der Buchhandlung Heymann.

Walker ist ein süffiger Erzähler; in seinen Romanen mit Bruno, Chef de police, schildert er Land und Leute in kräftigen Farben und vergisst nicht, auch die kulinarischen Vorzüge der Region zu rühmen - jedoch nicht in jenem Maße, dass das Kriminalistische hinter das Kulinarische zurückträte.

In "Schwarze Diamanten" jedenfalls, dem dritten Fall, den Walker seinem wackeren Bruno auf den fiktiven Leib geschrieben hat, sind es Trüffel, die in der fruchtbaren Erde des Perigord ihrer Entdeckung harren.

Bruno Courrèges, seit zehn Jahren Polizist in der kleinen Gemeinde Saint-Denis, ist den Genüssen, soweit sie nicht seine finanziellen Möglichkeiten sprengen, zwar durchaus zugewandt. In seinem aktuellen Fall aber wird ihm die Lust auf Trüffel erst einmal gründlich vermiest. Es tauchen bei Auktionen auf dem Trüffelmarkt der Nachbargemeinde Sainte-Alvère nämlich Knollen zweifelhafter Herkunft und minderer Qualität auf. Offenbar stammen sie aus China, wie Brunos erste Recherchen ergeben. Und schließlich wird noch Brunos guter Freund Hercule, ein Gourmet und Trüffelexperte par excellence, ermordet. Kurz zuvor hatte er Lunte gerochen wegen der schmutzigen Geschäfte mit den schwarzen Diamanten, wie die edlen Pilze auch genannt werden.

Doch es geht um weit mehr als lediglich um einen kulinarisch motivierten Krieg, in dem auch ein Nobelrestaurant in Flammen aufgeht: Die polizeilichen Ermittlungen führen Bruno nicht nur in die finstere Welt über Leichen gehender Geschäftemacher, sondern auch tief hinein in die koloniale Vergangenheit Frankreichs. Deren Sünden sind längst nicht vergeben. Algerienkrieg und Indochina sind die Schlagworte, die mit Macht wieder in das Bewusstsein der handelnden Personen dringen. Die Geschichte, die mit einer Demonstration von Anhängern der Grünen vor dem Sägewerk von Saint-Denis beginnt, endet in einem Dickicht aus Korruption, Missbrauch und Mord.

Martin Walker gelingt es mit leichter Hand, hedonistisches Savoir-vivre mit einer raffiniert konstruierten Kriminalgeschichte zu verbinden. Auf die sonnigen Seiten des Perigord lässt er schwarze Schatten fallen. Walkers sehr lesenswerter Kriminalroman ist eine Art freundlicher Roman noir, wäre das kein Paradoxon, schließlich siegen am Ende nicht die dunklen Mächte.

Gleichwohl zeichnet gerade dieses Paradoxe den eleganten Erzähler Martin Walker aus. Er macht den Widerspruch zu einem nur scheinbaren und hebt ihn damit auf. Was für den Leser das reine Vergnügen ist: Das lustvolle literarische Spiel mit der Bedrohung wird zum Genuss. Die Qualität der ausgegrabenen Trüffel spielt da nur noch eine untergeordnete Rolle.

Martin Walker: "Schwarze Diamanten". Deutsch von Michael Windgassen. Diogenes-Verlag, 352 Seiten, 21,90 Euro

Lesung heute, 20.30, Buchhandlung Heymann, Eppendorfer Landstr. 77, Karten 10,-: T. 48 09 30