Das Erfolgskollektiv präsentiert die neue Performance “7 Schwestern“. Wieder geht es um schonungslose Fragen über das Leben.

Das Private öffentlich zu verhandeln und die Dimension für das gesellschaftliche Gesamtgebilde aufzuzeigen, so lautet seit 1998 die Mission des Performance-Kollektivs She She Pop. Die Truppe, die aus dem Gießener Studiengang Angewandte Theaterwissenschaft hervorging, bekommt die lang verdiente Anerkennung derzeit mit der Gießkanne: Einladung zum Berliner Theatertreffen 2011, dem Gipfel der bemerkenswertesten Inszenierungen im deutschsprachigen Raum, Einladung zum Impulse-Festiva 2011l, Verleihung des Friedrich-Luft-Preises 2010.

Verdienter Ruhm für die grandiose King-Lear-Adaption "Testament", in der die Performer gemeinsam mit den eigenen Vätern auf der Bühne den Generationenwechsel diskutieren. Inzwischen müssen die sieben Mitglieder aus Hamburg und Berlin niemandem mehr erklären, warum Performance genauso ihre Berechtigung im Theaterkanon hat wie eine Tschechow-Inszenierung. Eine Frage, die bis vor kurzem noch Gegenstand eines Glaubenskrieges war.

Apropos Tschechow. Jetzt hat sich She She Pop den Tschechow-Klassiker "Drei Schwestern" vorgeknöpft. Auf der Folie der gelangweilten, auf den erlösenden Mann und die Abreise nach Moskau wartenden Provinz-Dusen reflektieren die Performer wiederum ihre eigene Lebenswirklichkeit. Wohin soll man sich wenden, was soll man in diesem Dasein noch erstreben, fragen sich die vier knapp Vierzigjährigen Johanna Freiburg, Lisa Lucassen, Berit Stumpf und Sebastian Bark.

In einer Kulisse aus sechs Leinwänden blickt der Zuschauer in die Herrentoilette des Theaters, in Wohnstube, Küche und Terrasse. In einer simultan angelegten Bilder-Show lesen die Performer Tschechow-Texte auf dem Klo, legen mit ihren Kostümen Figuren munter an und wieder ab. Glaubt man Stimmen von der Uraufführung in Berlin, soll der Abend nicht so gehaltvoll sein wie "Testament". Das Konzept ist vergleichbar. She She Pop befragt sich die ganze Zeit schonungslos über das eigene Leben. Über Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung und Kindererziehung. Ein Porträt gut ausgebildeter, autarker Frauen entsteht, die nicht genau wissen, wohin mit ihrem Anspruch an die eigene Emanzipation. Und wie darin der Begriff der Arbeit zu definieren ist. Nach Moskau? Das scheint hier wohl keine Lösung.

She She Pop: 7 Schwestern Do 19.5. (Termine bis 29.5.), 19.30, Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestraße 20, Karten 8,- bis 12,- unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de